In vielen Mehrfamilienhäusern gehört der Streit um die Abfallentsorgung zur Tagesordnung. Häufiger Grund: falsch entsorgter Müll. Bei Kunststoffabfällen (gelber Sack) ist manchmal jedes zweite Teil ein sogenannter „Fehlwurf“.
Am 05. Juni 20129 kam es im Gelsenkirchener Stadtteil Bulmke-Hüllen zu einer Schlägerei mit etwa 10 Beteiligten, bei der ein 41-jähriger Mann verletzt und mit einem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht wurde. Die Polizei war mit zahlreichen Einsatzkräften vor Ort. Auslöser war – so die WAZ –falsch entsorgter Müll. Kein Einzelfall, denn rund um die Mülltonne gibt es immer wieder Stress im Hinterhof, und nicht selten landet der Müll sogar auf dem Tischen der Richter.
So hatte ein Mieter in Nürnberg bei seinem Auszug aus der Wohnung die erst drei Tage zuvor geleerten Restmülltonnen quasi beim Rausgehen noch mal richtig vollgestopft mit allem, was er nicht in die neue Wohnung mitnehmen wollte. Die Folge: Der Vermieter berechnete dem Mann verständlicherweise eine Gebühr für die angeblich notwendige Sonderentleerung. Dies aber zu Unrecht. Denn der Mieter habe – so entschied das Amtsgericht Nürnberg – im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs seiner Wohnung gehandelt, und das umfasse auch den Ein- und Auszug mit allen davon verbundenen Beeinträchtigungen.
Wohin mit der Bratpfanne?
Doch häufiger als die Quantität, ist die Qualität des Abfalls Gegenstand von Streitigkeiten. So dürfen entgegen der weitverbreiteten Meinung in überschaubaren Mengen auch Metalle und Kunststoffe in der Grauen Tonne entsorgt werden. Aber gilt das auch für das aussortierte kleine Kinderdreirad oder Omas große Zinnteller? Und wohin mit der alten Zahnbürste? Gehört sie in den Restmüll oder doch besser in den Gelben Sack?
Eins steht fest: In 68 Prozent der Mehrfamilienhäuser gehört der Streit um die Abfallentsorgung zur Tagesordnung. Das zeigt eine repräsentative Umfrage der Internetseite „immowelt“.
In keinem EU-Land wird mehr weggeworfen als in Deutschland. In kaum einem anderen Land wird aber auch so leidenschaftlich Müll getrennt. Dabei landet allerdings viel zu viel in den Gelben Säcken und Tonnen, was dort eigentlich nicht hinein gehört. So machen nach Greenpeace-Angaben in manchen Städten sogenannte „Fehlwürfe“ über die Hälfte des Inhalts aus.
Wer weiß denn schon, dass der Plastik-Übertopf einer im Gartencenter erworbenen Pflanze als recycelbare Verpackung in die Gelbe Tonne oder den Gelben Sack, der separat gekaufte Plastik-Übertopf aus der Haushaltswarenabteilung formaljuristisch dagegen in die graue Restmüll-Tonne gehört. Auch Klarsichthüllen aus Kunststoff dürfen, da keine Verpackung, nicht in der Gelbe Tonne entsorgt werden, während materialgleiche Verpackungen natürlich dort hineingehören. Ähnlich beim Weißblech – auch hier kommen Konservendosen in die Gelbe, Blechgeschirr und –besteck jedoch in die Graue Tonne.
Sortierstation und Resterampe
Um solchen Ungereimtheiten einen praxistauglichen Riegel vorzuschieben, gibt es neben den Grauen und Gelben Tonnen bzw. Säcken in immer mehr Kommunen auch zusätzliche (häufig orangene) Wertstoff-Tonnen, in die auch „materialgleiche Nichtverpackungen“ wie Haushaltsgegenstände aus Kunststoff oder Metall sowie z. B. auch die vielzitierte Zahnbürsten und Kugelschreiber entsorgt werden können, die sonst in der grauen Restmüll-Tonne landen.
Denn grundsätzlich und länderübergreifend gilt: Alles, was nicht mehr wiederverwertet bzw. recycelt werden kann, landet im Restmüll. Dazu gehören:
– Kunststoffe und Metalle (ohne Grünen Punkt)
z. B. alte Pfannen, Plastikeimer, Spielzeug, Einwegfeuerzeuge, Zahnbürsten
– Geschirr, Keramik und Trinkgläser
– Kristall- und Fensterglas
– Glüh- und Halogenlampen
– Leder, also auch Hand- und Aktentaschen
– Katzen- und Kleintierstreu
– Verschmutzte Verpackungen, einschl. Styropor
– Lumpen, Windeln, Tampons, Wattestäbchen
In einigen Kommunen gibt es neben den Restmüll-, Papier- und (zumeist grünen) Kompost-Tonnen auch einen Gelben Sack Plus, in dem alle hochwertigen recycelbaren Stoffe gemeinsam mit den Verkaufsverpackungen erfasst und der Wiederverwertung zugeführt werden.
Spätestens an dieser Stelle kommt natürlich die aktuelle Diskussion um den Export von Plastikabfällen nach Asien und Afrika ins Spiel. So gehen nicht wenige Verbraucher dazu über, ihren Müll nicht mehr konsequent zu trennen, da offiziell ja nur sortierte Kunststoffabfälle exportiert werden dürfen. Zu dieser Diskussion sagt Michael Wiener, CEO des Grünen Punktes: „Aus dem dualen System gehen nur sehr geringe Mengen an Kunststoffabfall in den Export und davon nur ein sehr kleiner Anteil nach Asien.“ So seien 2018 über 93 Prozent der Altkunststoffe in Deutschland verblieben.
Jedes 2. Teil wird falsch entsorgt
Trotzdem bietet die Debatte um die skandalösen Kunststoff-Müllexporte all jenen eine gute Ausrede, die von ihren Nachbarn auf ihren nicht ordnungsgemäß getrennten Müll angesprochen werden. Aber den Abfall richtig zu entsorgen, ist ohnehin schon eine Wissenschaft für sich. So dürfen Styroporplatten, die bei einem Fernsehgerät beigepackt sind, in den gelben Sack; wenn sie aber – materialgleich – aus dem Baubereich kommen, müssen sie in den Restmüll.
Kein Wunder, dass in den Gelben Säcken jedes zweite Teil nach Erhebungen des Hessischen Rundfunks falsch, also ein sogenannter Fehlwurf ist. Die Regel ist zwar klar formuliert: Alles mit dem grünen Punkt und alles, was am Laden als Verpackung über die Theke geht, darf hinein. Aber Joghurtbecher auch wieder nur dann, wenn der Aluminiumdeckel entfernt ist und die Becher nicht ineinander gestapelt sind, da alle Teile im Gelben Sack den Recyclingvorgang lose und einzeln durchlaufen müssen.
Um das alles und noch viel mehr zu wissen, bedarf es schon einer gewissen Einarbeitung. Kein Wunder also, dass das Trennen in ländlichen Gegenden mit mehrheitlich Eingenheimbesitzern besser funktioniert als in städtischen Ballungsräumen mit überwiegend Mehrfamilienhäusern. Da sorgt nicht zuletzt schon der unterschiedliche Informationsstand zum Streit an der Mülltonne, zumal es nach höchstrichterlichem Beschluss erlaubt ist, im Müll des Nachbarn herumzustochern, wenn ein begründeter Verdacht auf „Fehlwurf“ vorliegt. Denn wenn die Graue Tonne voll ist, wird der Restmüll auch gern in die Gelben Säcke gesteckt, klammheimlich versteckt in Plastiktüten und –schachteln.