In Deutschland drohen allerorts steigende Müllgebühren. Hintergrund ist eine massive Krise auf dem Altpapiermarkt. Dort sind die Preise in den vergangenen Monaten teils dramatisch eingebrochen. Vielerorts decken die Erlöse kaum noch die Kosten für die Sammlung, heißt es aus Branchenkreisen.
Zuständig für das Sammeln und Verwerten von Altpapier aus privaten Haushalten sind in der Regel die Kommunen. Von ihnen stammen die blauen Tonnen, über die Papier, Pappe und Karton gesammelt wird. Lange haben Städte und Gemeinden mit diesem Sekundärrohstoff gutes Geld verdient . Damit wurde häufig die kostenlose Sperrmül-Abholung subventioniert oder die Erlöse haben die Gebühren für die Restmüll-Entsorgung verringert.
Bürger sollen Fehlbetrag ausgleichen
Jetzt fehlt den Kommunen das Geld aus dem Verkauf von Altpapier. „Dadurch entsteht neuer Gebührenbedarf“, sagt Peter Queitsch, der Geschäftsführer der Kommunal Agentur NRW in der „Welt“. Queitsch, der auch Umweltreferent beim Städte- und Gemeindebund in Nordrhein-Westfalen ist, rechnet zukünftig mit Entsorgungskosten statt Einnahmen beim Altpapier. Er sagt: „Das muss der Gebührenzahler jetzt zur Kenntnis nehmen.“
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Bestätigt wird seine Prognose vom Verband kommunaler Unternehmen (VKU), der Spitzenorganisation der Entsorgungsbetriebe von Städten und Gemeinden in Deutschland. „Es kann durchaus sein, dass in einigen Kommunen die Müllgebühren leicht angepasst werden müssen“, bestätigt VKU-Vizepräsident Patrick Hasenkamp gegenüber der Zeitung.
Gemessen am gesamten Hausmüllaufkommen der privaten Haushalte spielt Altpapier statistisch eine wichtige Rolle. Rund 15 Prozent beträgt der Anteil der „Abfallfraktion PPK“ (Papier, Pappe, Karton) an der jährlichen Menge von 455 Kilogramm je Einwohner. Laut Statistischem Bundesamt sind das rund 67 Kilogramm pro Person. Nur bei Restmüll und Bioabfällen ist das Aufkommen höher.
Faktischer Importstopp durch China
Dass dieser wichtige Bereich nun zum Problemfall geworden ist, liegt an einem extremen Überangebot im Markt. Der europäische Recyclingdachverband Euric schätzt, dass europaweit derzeit rund acht Millionen Tonnen Altpapier zu viel in Umlauf sind. Hintergrund sind neue Importregeln etlicher Länder in Asien, allen voran von China.
Die Volkrepublik war bislang einer der größten Abnehmer von Altpapier. Mittlerweile aber verlangen die Chinesen von ihren Lieferanten, dass der Anteil von Fremdstoffen in den zusammengepressten Altpapierballen bei maximal 0,5 Prozent liegt. „Das ist faktisch ein Importstopp“, erklärt Jörg Lacher, der Geschäftsführer des Bundesverbands Sekundärrohstoffe und Entsorgung (BVSE).
Überangebot läßt Preise purzeln
Laut Fachmann Lacher sind eigentlich Grenzwerte von drei bis fünf Prozent international üblich. Die Preise sind daher im freien Fall. Sogenanntes „sortiertes gemischtes Altpapier“ zum Beispiel wurde im Dezember vergangenen Jahres für nur noch 61,38 Euro pro Tonne gehandelt, besagt der Index PIX Altpapier Deutschland. Zum Vergleich: Ein Jahr zuvor lagen die Erlöse noch bei rund 90 Euro für die Tonne.
Hochwertiges Zeitungs- und Zeitschriftenpapier, das in der Branche als Deinkingware bezeichnet wird, kostet aktuell cirka 123 Euro. Das sind rund 40 Euro weniger als noch vor einem Jahr.
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Quelle: dts-Nachrichtenagentur