Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hält den GroKo-Plan, Mordprozesse nach deren Abschluss bei neu auftauchenden Beweisen wieder aufzunehmen, für verfassungswidrig. Es habe schon in der Vergangenheit ähnliche Bestrebungen gegeben, sagt Stefan Conen vom DAV-Strafrechtsausschuss.
„Aus der damals besseren Einsicht, dass dies wegen des Verbots der Doppelverfolgung in Artikel 103 Absatz 3 Grundgesetz verfassungswidrig wäre, ist davon zurecht Abstand genommen worden“, erklärte der Strafrechtler dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. An dieser Lage habe sich nichts geändert. Der Artikel lautet: „Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.“
DAV befürchtet Rechtsunsicherheit
Der DAV-Vertreter zeigte wenig Verständnis für die Gesetzesinitiative und sagte dazu: „Zum Ende der Legislaturperiode sollten die Fraktionen Besseres zu tun haben, als wider besseren Rats vermeintlich populär klingende Gesetze auf den Weg zu bringen, die vorübergehend nur Rechtsunsicherheit auf allen Seiten schaffen, bevor das Verfassungsgericht sie wieder kassieren muss.“
Anzeige
BUCHTIPP > Meyer-Goßner, StPO-Kommentar (Auflage 2021)
— Der Standartkommentar zur Strafprozessordnung —
Mehr erfahren & bestellen > juristische-fachbuchhandlung
Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD hatten sich darauf geeinigt, dass Verdächtigen bei Mord und anderen schwersten Straftaten ein zweites Mal der Prozess gemacht werden kann, wenn neue Beweise wie etwa DNA-Spuren vorliegen. Dafür wollen sie die Liste für „Wiederaufnahmegründe“ erweitern, allerdings nur für schwere Straftaten wie Mord, Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen.
„Bei diesen Taten ist ein zu Unrecht erfolgter Freispruch – anders als bei Taten im Bereich der unteren und mittleren Kriminalität – schlechthin unerträglich“, heißt es in der Begründung des Entwurfs, der noch im Juni im Bundestag verabschiedet werden soll. Damit wird eine Reformvorhaben umgesetzt, dass die schwarz-rote Bundesregierung bereits im Koalitionsvertrag vereinbart hatte.
Aktuelle Rechtslage
Wegen des Verbots der sogenannten Doppelbestrafung können Angeklagte derzeit nur in eng umrissenen Ausnahmefällen erneut vor Gericht gestellt werden. Nach geltender Rechtslage geht das etwa, wenn der zunächst Freigesprochene später ein glaubwürdiges Geständnis ablegt oder wenn Gutachter oder Zeugen vorsätzlich falsche Angaben zu seinen Gunsten gemacht haben.
.
dts, rb