Anwälte, die Asylanten juristisch vertreten, sind ins Fadenkreuz konservativer Politiker geraten. Der Vorwurf: Sie würden mit entsprechenden Gerichtsverfahren Geld verdienen. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt spricht sogar von einer „Anti-Abschiebe-Industrie“.
Der baden-württembergische Innenminister und Vizeministerpräsident Thomas Strobl (CDU) sieht das genauso. Bei rechtsstaatlich verfügten Abschiebungen „finden sich oftmals sehr viele, die sie verhindern wollen“, sagte Strobl der Zeitung „Welt“ und weiter: „ Für manche Beteiligte „ist das auch ein Geschäftsmodell geworden“.
Bürger zweifeln am Rechtssystem
Die beiden CDU/CSU-Politiker wissen den Volkswillen hinter sich. Eine Umfrage des Berliner Meinungsforschungsinstituts Pollytix für das Nachrichtenportal T-online ermittelt, daß nur noch 55 Prozent der wahlberechtigten Deutschen großes oder sehr großes Vertrauen in die Arbeit von Justiz und Gerichten haben . 43 Prozent haben eher geringes oder gar kein Vertrauen mehr in unser Rechtssystem.
Eine weitere Umfrage von Emnid für „Bild am Sonntag“ ergibt, daß jeder zweite Deutsche die Klagemöglichkeiten gegen abgelehnte Asylanträge einschränken will. 46 Prozent der Befragten sprachen sich dafür aus, 42 Prozent dagegen und 11 Prozent enthielten sich.
Anwalts-Bashing soll von Problemen ablenken
Doch jede Münze hat zwei Seiten. Auf der einen Seite stehen die ca. 350.000 Asyl-Klagen vor deutschen Verwaltungsgerichten. Auf der anderen Seite steht die fehlerhafte Arbeit bei den zuständigen Behörden als Ursache für die vielen Klagen.
Aus internen Untersuchungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), über die „Welt“ und „Nürnberger Nachrichten“ berichteten, geht Interessantes hervor. Die Prüfungen, mit denen das Bundesamt kontrollieren soll ob bei einem Asylbewerber noch Schutzgründe vorliegen, werden offenbar oft mangelhaft durchgeführt.
Interne Kontrolleure finden viele Fehler
In dem sechsseitigen Schreiben vom 11. Mai 2018 an die Vizepräsidentin der Behörde, Uta Dauke, teilt das Referat „Qualitätssicherung“ mit, dass die derzeitige Ausführung der Widerrufsverfahren „zum großen Teil der Voraussetzung einer umfassenden rechtlichen Prüfung nicht gerecht“ werden. Insgesamt hätten Stichproben gezeigt, dass „in der Mehrheit der Prüffälle“ keine Identitätsfeststellung vorgenommen wurde – „selbst wenn Hinweise auf eine andere Staatsangehörigkeit bereits nachträglich in die Erstverfahren eingearbeitet worden waren“.
Gerichte und Anwälte werden geschädigt
Die hohe Zahl erfolgreicher Klagen gegen die Asylbescheide des Flüchtlingsamtes (BAMF) bestätigt die Aussage der behördlichen Qualitätsprüfer. Mit dem Finger auf die ihre Mandaten vor Gericht vertretenden Anwälte zu zeigen ist einfach, aber es schädigt das Vertrauen der Bürger in unser Rechtssystem, wie die aufgeführten Umfragen nachweisen. Wenn Politiker von einer „Anti-Abschiebe-Industrie“ sprechen, schadet sie nicht nur der Justiz, sondern auch der Demokratie in Deutschland.
R.B. mit Material der dts-Nachrichtenagentur