Der SPD-Fraktionschef im nordrhein-westfälischen Landtag, Thomas Kutschaty, lobt die bayrische Corona-Politik. Den hemdsärmeligen Umgang der Bayern mit verfassungsrechtlichen Regelungen in der Corona-Krise blendet der SPD-Politiker jedoch aus.
„Bayern hat einen R-Wert von 0,57. Da zeigt sich, dass die bayerische Regierung mit den Kommunen zusammenarbeitet und auf unabhängige Wissenschaftler hört“, lobt der Sozialdemokrat in der Rheinischen Post. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sei von dem Gedanken getrieben, immer der zu sein, der die lautesten Forderungen erhebe, kritisiert Thomas Kutschaty. In Nordrhein-Westfalen, dem bevölkerungsreichsten Bundesland, lag die Reproduktionsrate am 24. April bei 0,8 (lt. NRW-Gesundheitsministerium).
Während der NRW-Landtag in einem beschleunigten Gesetzgebungsverfahren, mit Anhörung von Sachverständigen, ein „vorbildliches“ Pandemiegesetz verabschiedete, wie Verfassungsjuristen bescheinigen, muß sich die bayrische Konkurrenz bei ihrem Infektionsschutzgesetz einigen verfassungsrechtlichen Baustellen widmen.
Bayerns Infektionsschutzgesetz wackelt
Mitte April legte der wissenschaftliche Dienst des Bundestages ein Gutachten von, welches Zweifel an der Rechtmäßigkeit des bayrischen Infektionsschutzgesetzes aufkommen lassen. Dieses war Ende März in vom bayerischen Landtag einstimmig und in Rekordzeit beschlossen worden. Das Gutachten kritisiert die im bayrischen Infektionsschutzgesetz erlaubte Dienstverpflichtung von medizinischem Personal und die optionale Beschlagnahme von medizinischem Material. Dafür müsse die Regierung zuerst den Gesundheitsnotstand ausrufen.
Bundes- und Landesrecht kollidieren
Eine mögliche Beschlagnahme sei bereits im Infektionsschutzgesetz des Bundes geregelt. Daher kollidierten an dieser Stelle Bundes- und Landesrecht. Eine Dienstverpflichtung von medizinischem Personal hätte der Bundesgesetzgeber nicht geregelt.
Die bayrische Regelung bei der Dienstverpflichtung von medizinischem Personal sehen die Parlaments-Gutachter eher kritisch. So heißt es in dem Gutachten: „Die Tatsache, dass der Bund einen bestimmten Bereich ungeregelt gelassen hat, bedeutet jedoch nicht notwendigerweise, dass daraus eine Regelungskompetenz der Länder folgt“.
Anzeige
Der aktuelle Buchtipp > Datenschutzrecht NRW (Textsammlung + Einführung)
274 Seiten, Nomos — erfahren Sie mehr > juristische-fachbuchhandlung.de
Jetzt kippt der bayrische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) auch noch das von der Staatsregierung verhängte Verkaufsverbot für größere Geschäfte. Laut einem Gerichtsbeschluß vom Montag (27.4.) ist dieses Verbot nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Bestimmte Geschäfte dürften auch ohne Rücksicht auf die Größe der Verkaufsräume öffnen.
Verstoß gegen Gleichheitsgrundsatz
Die getroffenen Regelungen seien nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar, so der Verwaltungsgerichtshof. So sei die Freistellung von Buchhandlungen und Fahrradhändlern ohne Begrenzung der Verkaufsfläche zum Beispiel aus infektionsschutzrechtlicher Sicht sachlich nicht gerechtfertigt. Aufgrund der herrschenden Pandemienotlage und der kurzen Geltungsdauer der Einschränkungen bis einschließlich 3. Mai habe man davon abgesehen, die Bestimmungen außer Vollzug zu setzen, sondern lediglich die Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz festgestellt, heißt es in der Entscheidung.
.
Quelle: rb, br, dts