Der Verkäufer eines Autohauses übergab einem Kunden einen Neuwagen, obwohl der Kaufpreis noch nicht voll bezahlt war. Auto und Kunde verschwanden spurlos. Jetzt sollte der Verkäufer für den Schaden haften.
Ein Kunde erschien im Autohaus zur Abholung des von ihm bestellten Neuwagens. Er leistete auf den Kaufpreis eine Anzahlung und drängte den Verkäufer, ihm den Wagen für das Wochenende zu überlassen. Er versprach, das Fahrzeug am folgenden Montag zurückzubringen. In dem Autohaus besteht die Anweisung, ein Neufahrzeug, das entweder nicht vollständig bezahlt ist oder für das keine gesicherte Finanzierung vorliegt, nicht an den Käufer herauszugeben, es sei denn, es liegt eine Einwilligung der Geschäftsleitung vor.
Der Verkäufer jedoch vertraute dem Mann und gab ihm das Auto. Der Kunde brachte das Fahrzeug aber nicht, wie versprochen, wieder zurück. Das Autohaus erstattete daraufhin Anzeige bei der Polizei. Der verschwundene Autokäufer wurde in Italien gefunden und festgenommen. Das Fahrzeug wurde beschlagnahmt. Nach einer Aufhebung des Haftbefehls wurde auch die Beschlagnahme des Fahrzeugs rückgängig gemacht. Die italienischen Behörden übergaben das Auto wieder an den unehrlichen Autokäufer.
Ein Versuch des Autohauses auf dem Verhandlungswege den noch offenen Betrag von dem zahlungsunwilligen Autokäufer zu erhalten scheiterte. Auch der Versuch, mit Hilfe einer Detektei wieder an das Fahrzeug zu gelangen, war nicht erfolgreich. Der Mann war wieder spurlos verschwunden und mit ihm das Auto. Danach reichte das geschädigte Autohaus eine Klage beim Landgericht Freiburg gegen den Kunden ein, jedoch scheiterte die erforderliche Zustellung der Klage.
Jetzt sollte der Verkäufer für den Schaden aufkommen. Doch dieser weigerte sich. Das Autohaus verklagte ihn daraufhin auf fast 30.000 Euro Schadenersatz. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg wies die Klage des Autohauses ab und auch die Revision vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts hatte keinen Erfolg.
Aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts:
Der Beklagte war in dem Autohaus der Klägerin als Verkäufer beschäftigt. Im Arbeitsvertrag der Parteien war bestimmt, dass mit Ausnahme von Provisionsansprüchen alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit verfallen, spätestens jedoch innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn sie nicht vorher gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind. Im Betrieb der Klägerin bestand die Anweisung, ein Neufahrzeug, das entweder nicht vollständig bezahlt war oder für das keine gesicherte Finanzierung vorlag, nicht an einen Käufer herauszugeben, es sei denn, dass eine Einwilligung der Geschäftsleitung vorlag.
Der Senat hat es offengelassen, ob der Beklagte durch die Herausgabe des Fahrzeugs an den Kunden seine Vertragspflichten verletzt hat; etwaige Schadensersatzansprüche der Klägerin sind – wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat – aufgrund der vertraglichen Ausschlussklausel verfallen. Die Ausschlussfrist begann spätestens zu dem Zeitpunkt zu laufen, als sich die Klägerin entschlossen hatte, Klage gegen den Kunden zu erheben, mithin jedenfalls vor dem 20. August 2015, so dass das Schreiben der Klägerin vom 20. November 2015, sofern dieses überhaupt die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Geltendmachung erfüllt, die Ausschlussfrist nicht gewahrt hat. Etwas anderes folgt im Hinblick auf den Fristbeginn weder aus § 254 Abs. 2 BGB noch aus § 241 Abs. 2 BGB. Danach war aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falls keine vorrangige gerichtliche Inanspruchnahme des Kunden durch die Klägerin geboten, da es dieser nicht ohne weiteres möglich war, den Kunden mit rechtlichem und vor allem wirtschaftlichem Erfolg in Anspruch zu nehmen. Als die Klägerin sich entschloss, Klage gegen den Kunden zu erheben, war erkennbar, dass eine solche Klage keine realistische Aussicht bot, von dem Kunden überhaupt irgendeine Leistung zu erlangen.
Quelle: PM BAG vom 7.6.2018
Urteil vom 7. Juni 2018 – 8 AZR 96/17 –