Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hat am Dienstag (6.10.) eine Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts vom 4. September 2020 vorläufig außer Vollzug gesetzt. Mit seiner Eilentscheidung stoppt das Oberverwaltungsgericht erst einmal die Entfernung der temporären Radwege (Pop-Up-Radwege) in Berlin.
Damit hat die Stadt Berlin einen wichtigen Teilerfolg im Kampf um sichere Radwege in der Hauptstadt erreicht. Vorausgegangen war dem Rechtsstreit der Antrag eines Verkehrsteilnehmers auf Beseitigung der temporären Radfahrstreifen.
Das Verwaltungsgericht Berlin hatte dem Antrag des Verkehrsteilnehmers entsprochen, da die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz die Voraussetzungen für die Einrichtung der Verkehrsanlagen (Radwege) nicht ausreichend begründet hatte.
Kein Radweg ohne Gefahrenlage
Das Problem: Radwege dürften nur dort angeordnet werden, wo Verkehrssicherheit, Verkehrsbelastung und/oder der Verkehrsablauf ganz konkret auf eine Gefahrenlage hinwiesen und die Anordnung damit zwingend erforderlich sei. Das hatte die Senatsverwaltung aber, nach Ansicht der Richter am Verwaltungsgericht, nicht in dem erforderlichen Maße getan.
In dem Beschwerdeverfahren vor dem OVG Berlin-Brandenburg hat die Senatsverwaltung nun die für die Genehmigung der temporären Radwege erforderliche Gefahrenprognose vorgelegt. Verkehrszählungen, Unfallstatistiken und weitere Erfahrungen belegen die Rechtsmäßigkeit der von der Senatsverwaltung getroffenen Schutzmaßnahmen für die Radfahrer*innen in Berlin. Daraufhin hat der zuständige 1. Senat des OVG Berlin-Brandenburg die Vollziehung der erstinstanzlichen Entscheidung vorläufig gestoppt.
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Begründung des Gerichts
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts sei unter Berücksichtigung dieser Unterlagen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit im Ergebnis fehlerhaft. Jedenfalls würden die öffentlichen Belange die privaten Interessen des Antragstellers überwiegen. Die Trennung des Radverkehrs vom Kraftfahrzeugverkehr erfolge angesichts der dargelegten konkreten Gefahrenlagen im öffentlichen Sicherheitsinteresse der Verkehrsteilnehmer.
Der Antragsteller habe demgegenüber lediglich pauschal geltend gemacht, sich wegen Staus nicht in gewohnter Weise durch das Stadtgebiet bewegen zu können. Selbst wenn die Beschwerde letztlich ohne Erfolg bleiben sollte, sei diese nicht näher belegte Einschränkung für den Antragsteller nicht schwerwiegend. Die Fahrtzeiten verlängerten sich nur minimal. Dies sei bis zur Entscheidung über die Beschwerde hinzunehmen, da es andernfalls innerhalb eines kurzen Zeitraums zu wechselnden Verkehrsregelungen kommen könnte, wodurch Verkehrsteilnehmer möglicherweise verunsichert würden.
Az.: OVG 1 S 116/20, Entscheidung vom 6.10.2020
Der Gerichtsbeschluß ist unanfechtbar.
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Quelle: PM OVG Berlin-Brandenburg vom 6.10.2020