Bei dem Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht in Göttingen ging es um eine Namensänderung. Die Eltern eines Kindes hatten bei der Namensvergabe nicht an den gleichnamigen Aktivierungscode eines bekannten Sprachassistenten gedacht.
Die Eltern des Vorschuldkindes wollten nachträglich einen zweiten Vornamen eintragen lassen, da ihre Tochter aufgrund der Namensgleichheit mit dem Namen eines bekannten Sprachassistenten unter Mobbing und Hänseleien leiden würde. Immer wieder würden Personen ihr Befehle erteilen, da ihr Name sofort mit dem Namen eines Sprachassistenten in Verbindung gebracht würde. Dies würde das Kind seelisch sehr belasten.
Die beklagte Stadt Göttingen war anderer Meinung. Ein wichtiger rechtlicher Grund für eine Namensänderung liege nicht vor. Zudem sei die seelische Belastung nicht durch ein ärztliches oder psychologisches Gutachten belegt. Der Änderungswunsch beruhe lediglich auf Mobbingbefürchtungen der Eltern, die ihre frühere Namensgebung bereuen würden. Ein Produktname könne, angesichts der vielen Inhaber gleichlautender Vornamen, nicht automatisch zu einem Änderungsanspruch führen. Jeder Name könne mit etwas Fantasie ins Lächerliche gezogen werden, argumentierte die Stadt.
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Aus der Entscheidung des Gerichts
In der mündlichen Verhandlung kam die Kammer zu der Überzeugung, dass die seelische Belastung der Klägerin ein wichtiger Grund für die Namensänderung im Sinne des § 3 Abs. 1 NamÄndG darstelle. In der Rechtsprechung sei bereits geklärt, dass ein wichtiger Grund für eine Namensänderung dann vorliege, wenn die privaten Interessen an der Namensänderung die öffentlichen Interessen an der Namensbeibehaltung überwiegen.
Auch eine seelische Belastung könne als wichtiger Grund für eine Namensänderung angesehen werden, wenn sie unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände nach allgemeiner Verkehrsauffassung verständlich und begründet sei. Dabei müsse die seelische Belastung nicht den Grad einer behandlungsbedürftigen Krankheit erreicht haben. Diese Voraussetzungen liegen nach Auffassung der Kammer im vorliegenden Fall vor. Die Eltern hätten in der mündlichen Verhandlung zahlreiche Vorfälle beschrieben, bei welchen die Klägerin aufgrund ihres Vornamens belästigt worden sei. Dabei sei nachvollziehbar, dass es aufgrund dieser Vorfälle zu einer seelischen Belastung gekommen sei, der die Klägerin aufgrund ihres jungen Alters nichts entgegensetzen könne. Insgesamt sei zu erwarten, dass die Hänseleien auch in Zukunft weiter andauern würden.
Die Bekanntheit des Sprachassistenten und die Tatsache, dass es sich bei dem Namen des Sprachassistenten nicht nur um eine reine Produktbezeichnung handele, sondern um das „Schlüsselwort“ zur Nutzung des Geräts, führten dazu, dass der Name des Sprachassistenten in einem besonders herausragenden Maße missbrauchsgeeignet sei. Hier gehe es um ein Gerät, dem durch die Voranstellung des Produktnamens Befehle erteilt werden würden. Der Name sei nicht bloß dazu geeignet, einen Wortwitz zu bilden, sondern lade vielmehr dazu ein, beleidigende und erniedrigende Befehle an Personen mit dem gleichen Namen zu erteilen.
Im Ergebnis gehe die Interessenabwägung zu Gunsten der Klägerin aus. Im vorliegenden Fall gehe es nur um die Änderung eines Vornamens. Da der Familienname im weitergehenden Umfang als Unterscheidungs- und Zuordnungsmerkmal diene als der Vorname, komme den öffentlichen Interessen bei der Änderung des Vornamens im Vergleich zu der Änderung eines Familiennamens ein geringeres Gewicht zu. Die Klägerin habe im Vorschulalter bisher nicht erheblich am Rechtsverkehr teilgenommen. Außerdem bleibe durch die Hinzufügung lediglich eines zweiten Vornamens ein gewisser „Widererkennungswert“ beim Namen der Klägerin erhalten.
Urteil v. 21.6.2022, Az.: 4 A 79/21
Eine Berufung gegen die Entscheidung ist möglich.
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Quelle: VG Göttingen v. 21.7.2022