Der Bundesgerichtshof hatte sich mit der Frage zu befassen, ob die Ehefrau der Mutter eines Kindes aufgrund der bestehenden gleichgeschlechtlichen Ehe als weiterer Elternteil in das Geburtenregister einzutragen ist.
Der unter anderem für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des BGH hat dies verneint, weil die bei verschiedengeschlechtlichen Ehepaaren geltende Abstammungsregelung des § 1592 Nr. 1 BGB* bei gleichgeschlechtlichen Ehepaaren nicht gilt.
Standesamt lehnt „zweite“ Mutter ab
Die Kindesmutter und die Antragstellerin lebten seit Mai 2014 in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Nach Einführung der „Ehe für alle“ schlossen sie am 12. Oktober 2017 durch Umwandlung dieser Lebenspartnerschaft die Ehe. Am 3. November 2017 wurde das Kind geboren, das aufgrund gemeinsamen Entschlusses der beiden Frauen durch medizinisch assistierte künstliche Befruchtung mit Spendersamen einer Samenbank gezeugt worden war. Im Geburtenregister wurde die Mutter eingetragen, nicht aber ihre Ehefrau als weiterer Elternteil. Diese beantragte daraufhin beim Standesamt als weitere Mutter ins Geburtenregister eingetragen zu werden. Das lehnte das Standesamt ab.
Amtsgericht stimmt Eintragung zu
Damit war die Frau nicht einverstanden und stellte einen Antrag beim Amtsgericht in Chemnitz auf Eintragung ins Geburtenregister. Das Amtsgericht stimmte dem Antrag zu und wies das Standsamt an, die Ehefrau der Mutter „als weiteres Elternteil bzw. als weitere Mutter“ einzutragen. Gegen diese Entscheidung legten das Standesamt und die Standesamtsaufsicht Beschwerde beim zuständigen Oberlandesgericht Dresden ein. Das OLG hob den Beschluß des Amtsgerichts mit seiner Entscheidung vom 29. April 2018 (Az.: 3 W 292/18) auf. Daraufhin zog die Ehepartnerin der Mutter vor den Bundesgerichtshof und der musste jetzt entscheiden.
Die Entscheidung des BGH
Die dagegen von der Standesamtsaufsicht eingelegte Rechtsbeschwerde hatte keinen Erfolg. Das Geburtenregister ist nicht unrichtig, weil die Ehefrau der Kindesmutter nicht mit der Geburt rechtlicher Elternteil des Kindes geworden ist. Die allein in Betracht zu ziehende Elternstellung gemäß oder entsprechend § 1592 Nr. 1 BGB scheidet aus, weil diese Vorschrift weder unmittelbar noch analog auf die Ehe zweier Frauen anwendbar ist. Mit dem am 1. Oktober 2017 in Kraft getretenen Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 20. Juli 2017 („Ehe für alle“) hat der Gesetzgeber zwar die gleichgeschlechtliche Ehe eingeführt, jedoch das Abstammungsrecht (noch) nicht geändert. Die direkte Anwendung des § 1592 Nr. 1 BGB kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil die Norm nach ihrem klaren Wortlaut allein die Vaterschaft regelt und diese aufgrund einer widerlegbaren Vermutung einem bestimmten Mann zuweist. Die Abstammungsregeln der §§ 1591 ff. BGB haben nach wie vor die Eltern-Kind-Zuordnung zu einer Mutter und einem Vater zum Gegenstand. Das Gesetz nimmt ausgehend davon, dass ein Kind einen männlichen und einen weiblichen Elternteil hat, eine Zuordnung des Kindes zu zwei Elternteilen unterschiedlichen Geschlechts vor.
Die Vorschrift ist auch nicht entsprechend anwendbar, weil die Voraussetzungen für eine Analogie nicht vorliegen. Das Gesetz weist schon keine planwidrige Regelungslücke zu der Frage einer Mit-Elternschaft bei gleichgeschlechtlichen Ehepaaren auf. Zwar ist richtig, dass der Gesetzgeber mit der „Ehe für alle“ bestehende Diskriminierungen von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern und von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identität beenden und hierzu rechtliche Regelungen, die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften schlechter stellen, beseitigen wollte. Er hat aber bislang von einer Reform des Abstammungsrechts bewusst Abstand genommen, wie der Umstand belegt, dass das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz einen Arbeitskreis eingesetzt hat, der eine umfassende Reform des Abstammungsrechts vorbereiten sollte und sich dabei auch intensiv mit der Frage gleichgeschlechtlicher Elternschaft befasst hat. Dieser hat seinen Abschlussbericht am 4. Juli 2017 und damit wenige Tage vor Erlass des Gesetzes zur „Ehe für alle“ vorgelegt, sodass der Bericht nicht mehr in das Gesetz zur Neuregelung der Ehe vom 20. Juli 2017 einfließen konnte. Daneben fehlt es auch an der für eine entsprechende Anwendung erforderlichen Vergleichbarkeit der gleichgeschlechtlichen Ehe zweier Frauen mit der von § 1592 Nr. 1 BGB geregelten Elternschaft des mit der Kindesmutter verheirateten Mannes. Denn die Vaterschaft kraft Ehe beruht darauf, dass diese rechtliche Eltern-Kind-Zuordnung auch die tatsächliche Abstammung regelmäßig abbildet. Die der gesetzlichen Regelung zugrunde liegende widerlegbare Vermutung der Vaterschaft ist für die mit der Kindesmutter verheiratete Frau dagegen keinesfalls begründet.
Die bestehende Rechtslage verstößt auch nicht gegen das Grundgesetz oder die Europäische Menschenrechtskonvention. Insbesondere stellt es keine Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG dar, dass die Ehefrau der Kindesmutter anders als ein Ehemann nicht allein aufgrund der bei Geburt bestehenden Ehe von Gesetzes wegen rechtlicher Elternteil des Kindes ist. Vielmehr ist die Situation insoweit verschieden, als die Ehefrau rein biologisch nicht leiblicher Elternteil des Kindes sein kann. Dieser Unterschied rechtfertigt die im Rahmen des Abstammungsrechts nach wie vor bestehende abweichende Behandlung gleich- und verschiedengeschlechtlicher Ehepaare und deren Kinder. Die Ehefrau einer Kindesmutter bleibt daher jedenfalls bis zu einer gesetzlichen Neuregelung auf eine Adoption nach § 1741 Abs. 2 Satz 3 BGB verwiesen, um in die rechtliche Elternstellung zu gelangen.
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PM BGH vom 30. 10. 2018
Beschluss vom 10. 10.2018 – XII ZB 231/18
1 Kommentare
1. Das Geschlecht darf doch auch frei gewählt werden: männlich, weiblich, unbestimmt, sonstiges …
2. Sie sollte vielleicht einfach die Vaterschaft anerkennen …
3. Es gibt doch Anti-Diskriminierungsgesetze gegen den Gender-Wahn …
Ich bin kein Fan gleichgeschlechtlicher Beziehungen und von Patchwork-Familien, aber Anti-Diskriminierungs-Unterstützer, und als solcher denke ich, die Richter haben da die rechtliche Entwicklung verschlafen, da eine Vaterschaftsanerkennung ja eben auch gerade NICHT die biologische Abstammung behauptet und diese auch nie staatlich geprüft werden darf, da völlig irrelevant …
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