Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass das Angebot des Werbeblockers AdBlock Plus nicht gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verstößt. Der Einsatz des Programms liege „in der autonomen Entscheidung der Internetnutzers“, urteilten die Richter des zuständigen I. Zivilsenats.
Der klagende Verlag stellt redaktionelle Inhalte auf seinen Internetseiten zur Verfügung. Sein Angebot finanziert er über Werbung. Das Computerprogramm AdBlock Plus kann die Anzeige von Werbung beim Aufruf der Internetseite durch Besucher unterdrücken.
Der AdBlock Plus-Anbieter bietet Unternehmen die Möglichkeit, ihre Werbung von dieser Blockade durch Aufnahme in eine sogenannte Whitelist auszunehmen. Er fordert als Voraussetzung dafür, dass es sich um eine „akzeptable Werbung“ handelt. Außerdem sollen die betroffenen Unternehmen den AdBlock Plus-Anbieter am Umsatz beteiligen. Bei kleineren und mittleren Unternehmen verlangt er keine Umsatzbeteiligung.
Der Verlag hält den Vertrieb des Werbeblockers für wettbewerbswidrig. Er beantragte deshalb, den AdBlock Plus-Anbieter und seine Geschäftsführer zu verurteilen, den Vertrieb einzustellen.
In erster Instanz hatte die Klage keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat das mit dem Hilfsantrag beantragte Verbot erlassen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision der Beklagten das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage auch hinsichtlich des Hilfsantrags abgewiesen.
Aus dem Urteil:
Das Angebot des Werbeblockers stellt keine gezielte Behinderung im Sinne des § 4 Nr. 4 UWG dar. Eine Verdrängungsabsicht liegt nicht vor. Die Beklagte verfolgt in erster Linie die Beförderung ihres eigenen Wettbewerbs. Sie erzielt Einnahmen, indem sie gegen Entgelt die Möglichkeit der Freischaltung von Werbung durch die Aufnahme in die Whitelist eröffnet. Das Geschäftsmodell der Beklagten setzt demnach die Funktionsfähigkeit der Internetseiten der Klägerin voraus.
Die Beklagte wirkt mit dem Angebot des Programms nicht unmittelbar auf die von der Klägerin angebotenen Dienstleistungen ein. Der Einsatz des Programms liegt in der autonomen Entscheidung der Internetnutzer. Die mittelbare Beeinträchtigung des Angebots der Klägerin ist nicht unlauter. Das Programm unterläuft keine gegen Werbeblocker gerichteten Schutzvorkehrungen des Internetangebots der Klägerin. Auch die Abwägung der Interessen der Betroffenen führt nicht zu dem Ergebnis, dass eine unlautere Behinderung der Klägerin vorliegt. Der Klägerin ist auch mit Blick auf das Grundrecht der Pressefreiheit zumutbar, den vom Einsatz des Programms ausgehenden Beeinträchtigung zu begegnen, indem sie die ihr möglichen Abwehrmaßnahmen ergreift. Dazu gehört etwa das Aussperren von Nutzern, die nicht bereit sind, auf den Einsatz des Werbeblockers zu verzichten.
Es liegt auch keine allgemeine Marktbehinderung vor, weil keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Geschäftsmodell der Bereitstellung kostenloser Inhalte im Internet zerstört wird.
Das Angebot des Werbeblockers stellt auch – anders als das Berufungsgericht angenommen hat – keine aggressive geschäftliche Handlung gemäß § 4a UWG gegenüber Unternehmen dar, die an der Schaltung von Werbung auf den Internetseiten der Klägerin interessiert sind. Es fehlt an einer unzulässigen Beeinflussung dieser Marktteilnehmer, weil die Beklagte eine ihr durch das technische Mittel des Werbeblockers etwaig zukommende Machtposition jedenfalls nicht in einer Weise ausnutzt, die die Fähigkeit der Marktteilnehmer zu einer informierten Entscheidung wesentlich einschränkt.
Urteil vom 19. April 2018 – Az.: I ZR 154/16
Quelle: PM BGH vom 19.04.2018