Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) will missbräuchliche Abmahnungen per Gesetz verhindern. Abmahnungen seien ein „nicht hinnehmbarer Missstand“, wenn sie wegen „geringfügigen Verstößen gegenüber Kleinstunternehmen zur Erzielung von Gebühren und Vertragsstrafen ausgesprochen werden“.
Abmahnungen sollen „im Interesse eines rechtsneutralen Wettbewerbs beziehungsweise der Durchsetzung von Verbraucherrecht erfolgen“, heißt es in ihrem Gesetzentwurf, der sich derzeit in der regierungsinternen Ressortabstimmung befindet und über den das „Handelsblatt“ berichtet. Mit dem Entwurf kommt Barley der Forderung des Rechtsausschusses des Bundestages nach, bis zum 1. September einen Regelungsvorschlag vorzulegen. Konkret plant Barley in ihrem „Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“ ein Maßnahmenbündel, um die Hürden für Abmahnungen zu erhöhen.
Hohe Anforderungen an Klagebefugnis
Mitbewerber sollen zukünftig nur dann klagebefugt sein, wenn sie „in nicht unerheblichem Maße ähnliche Waren oder Dienstleistungen vertreiben oder nachfragen“. Auch Wirtschaftsverbände sind klageberechtigt, sofern sie in einer Liste der so genannten qualifizierten Wirtschaftsverbände eingetragen sind. Dies setzt voraus, dass sie mindestens 50 Unternehmer als Mitglieder haben, „die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben“.
Streitwert wird gedeckelt
Der finanzielle Anreiz für Anwaltskanzleien soll begrenzt werden. Der Streitwert bei unerheblichen Verstößen liegt nach dem vorliegenden Gesetzentwurf bei maximal 1000 Euro. Der Entwurf sieht außerdem vor, den so genannten „fliegenden Gerichtsstand“ abzuschaffen. Durch diese Regelung konnten Abmahner vor Gerichten klagen, die weit vom Wohnort des Betroffenen entfernt waren.
Der Abmahnende wird verpflichtet, in Zukunft nachvollziehbar und verständlich darlegen, auf welcher Basis und nach welchen Kriterien er kalkuliert hat. „Dies erhöht die Transparenz für den Abgemahnten und versetzt ihn in die Lage, bereits vorgerichtlich zu überprüfen, ob die geltend gemachten Ansprüche der Höhe nach berechtigt sind“, heißt es in dem Gesetzentwurf.
Auch DSGVO-Abmahnungen geregelt
In Regierungskreisen hieß es auf Anfrage des „Handelsblatts“, der „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“ erfülle die Vorgaben der Fraktionen „vollständig und schließt eine Kostenerstattung bei wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen aus, wenn diese wegen unerheblichen Verstößen erfolgen“. Dies gelte auch bei unerheblichen Verstößen gegen die neue Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Einen vollständigen Ausschluss wettbewerbsrechtlicher Abmahnungen im Falle von Datenschutzverstößen sieht der Entwurf aber nicht vor. „Verschafft sich ein Unternehmen durch erhebliche Datenschutzverstöße einen Wettbewerbsvorteil, müssen Mitbewerber dagegen schnell und effektiv mit einer Abmahnung vorgehen können“, hieß es in den Kreisen.