Der Versuchsballon von Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU), Ungeimpften mit aktuellem Schnelltest künftig „möglicherweise“ nicht mehr die gleichen Rechte zu gewähren wie Geimpften, hat die zu erwartende heftige politische Reaktion ausgelöst.
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) weist den Vorstoß von Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) scharf zurück. Nach Meinung des liberalen Spitzenpolitikers wäre das „die Einführung der Impfpflicht durch die Hintertür“. Der Funke-Mediengruppe sagte Kubicki: „Überdies ist eine solche Kategorisierung von Grundrechten in eine erste und eine zweite Klasse klar verfassungswidrig.
Kategorisierung verfassungswidrig
“ Die Wahrnehmung der Grundrechte könne nicht dauerhaft von einem Wohlverhalten abhängig gemacht werden, das vom Kanzleramt als richtig definiert werde. „Die Bundesregierung nimmt hiermit eine massive Spaltung der Gesellschaft in Kauf“, meint Kubicki, der davon überzeugt ist, dass die Gerichte entsprechende Pläne verhindern werden. „In einem Rechtsstaat hat eine solche Denkweise nichts verloren“, kritisiert Kubicki den Kanzleramtsminister.
Dobrindt sieht logische Konsequenz
Zustimmung kommt dagegen vom CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. „Geimpfte schützen sich und andere, deswegen ist Normalität für diese Gruppe die logische Konsequenz“, sagte er der Welt und weiter: „Diese Normalität für Geimpfte muss auch dann möglich sein, wenn es für nicht Geimpfte Einschränkungen bedarf.“ Nach Dobrindts Meinung ist der Impffortschritt ein wesentliches Element auf dem Weg hin zur Normalität.
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Für den sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) ist das kein Problem. Er sagte dazu der Welt: „Verhältnismäßigkeit ist ein Prinzip unseres Rechtsstaates“. Nach Kretschmers Auffassung müssen bei der Abwägung die Risiken einer Übertragung berücksichtigt werden. „Geimpfte Menschen schützen nicht nur sich, sondern wegen der geringeren Übertragungswahrscheinlichkeit auch andere Menschen. „Wer nicht geimpft sei, werde sich mit regelmäßigen Corona-Tests abfinden müssen“, so der CDU-Politiker gegenüber der Zeitung.
Habeck: Kein Freiheitsverzicht
Grünen-Chef Robert Habeck zeigte sich offen dafür, Geimpften mehr Freiheiten einzuräumen, als Nicht-Geimpften. „In dem Moment, wo allen Menschen ein Impfangebot gemacht worden ist, sieht Solidarität so aus: Man muss sich nicht impfen lassen, aber kann nicht damit rechnen, dass alle anderen auf ihre Freiheit verzichten, weil man sich nicht hat impfen lassen“, sagte Habeck der Funke-Mediengruppe. „Die Konsequenz ist, dass Geimpfte beziehungsweise Genesene zukünftig unter Umständen mehr Möglichkeiten und Zugänge haben können, als Menschen, die sich gegen eine Impfung entschieden haben.“ Für diejenigen, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen könnten, müsse es Ausnahmen geben meint Habeck.
Lauterbach: Viele falsche Tests
SPD-Gesundheitsexperte Lauterbach weist in der Süddeutschen Zeitung auf die vielen gefälschten negativen Testzertifikate hin. „Wir müssen leider mit deutlich steigenden Fallzahlen rechnen, wenn die Menschen aus den Ferien zurückkommen und sich im Herbst wieder verstärkt in Innenräumen begegnen“, sagt Lauterbach und warnt: Dann wird man „nicht mehr damit über die Runden kommen, die Getesteten den Geimpften und Genesenen gleichzustellen“. Die Zahl der falsch negativen Tests sei dafür zu hoch. Es werde „nichts anderes übrig bleiben, als den Zutritt zu Räumen, wo viele Leute eng zusammenkommen, auf Genesene und Geimpfte zu beschränken“, so Lauterbach.
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Quelle: dts-Material