Facebook darf künftig Nutzerdaten nicht mehr ohne die bewußte Einwilligung der Betroffenen aus verschiedenen Datenquellen zusammenführen. Mit ihrer Entscheidung wollen die Kartellwächter das marktbeherrschende Unternehmen entflechten.
Jetzt hat Facebook vier Monate Zeit, um dem Bundeskartellamt Lösungsvorschläge zu liefern, bei denen die Datenzusammenführung rechtskonform ist und 12 Monate für die entsprechenden Änderungen.
Die 316 Seiten umfassende Entscheidung hat weitreichende Folgen für alle Facebook-Nutzer. Bisher hatten sie nur die Wahl einer umfassenden Datensammlung zuzustimmen, oder auf die Nutzung des sozialen Netzwerkes zu verzichten. Für die Kartellwächter bedeutet das einen nicht akzeptablen Kontrollverlust, da der Nutzer sich den rechtswidrigen Konditionen nicht entziehen kann.
Der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt, beschreibt die Problematik so: „Durch die Kombination von Daten aus der eigenen Website, konzerneigenen Diensten und der Analyse von Drittwebseiten erhält Facebook ein sehr genaues Profil seiner Nutzer und weiß, was sie im Internet machen.“
Wenn die Entscheidung des Bundeskartellamtes Rechtskraft erlangt hat, wird der Internetriese aus dem Silikon Valley seine Nutzer nicht mehr von seinen Angeboten ausschließen können, wenn sie nur eine Einwilligung zur Datenerfassung für den jeweils genutzten Dienst geben.
Kartellamt will Maßstäbe setzen
„Die Internetkonzerne müssen ihr Geschäftsmodell ändern,“ sagt Andreas Mundt bei der Vorstellung der Entscheidung in Bonn und ergänzt: „Wir haben klargemacht, daß die Internetökonomie im Fokus des Kartellamtes ist.“ Dass der Internetriese beunruhigt ist, zeigt eine Pressemitteilung, die noch vor der Veröffentlichung der Kartellamts-Entscheidung erfolgte und in der das Unternehmen seine Sicht der Dinge darstellt.
Doch der Chef des Bundeskartellamtes ist fest entschlossen „kartellrechtliche Leitplanken in die Internetökonomie einzuziehen.“ Dabei scheut er auch vor einer möglichen gerichtlichen Klärung nicht zurück und ist sich sicher, mit dieser Entscheidung „Maßstäbe zu setzen“.
Facebook ist marktbeherrschend
Drei Jahre hat das Kartellamt die Vorwürfe gegen Facebook geprüft und dabei tiefe Einblicke in das Geschäftsgebaren des sozialen Netzwerkes gewonnen. Geholfen haben dem Kartellamt dabei sogenannte „Auskunftsbeschlüsse“, die Facebook veranlaßt haben, detaillierte Informationen über die Datenzusammenführung an die Behörde herauszugeben. Das Ergebnis der Wettbewerbshüter ist eindeutig. Nach ihrer Auffassung ist Facebook auf dem Markt für soziale Netzwerke marktbeherrschend. Diese Marktmacht wird durch die umfangreiche Sammlung, Verwertung und Zusammenführung der Daten auf dem Nutzerkonto mißbraucht.
Datensammlung verstößt gegen DSGVO
Auch den Datenschutz haben die Kartellwächter nicht ausgespart und dabei eine Prüfung mit der neuen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) vorgenommen. Der Präsident des Bundeskartellamts versichert: „Wir haben keine Rechtfertigung für die Datensammlung durch Facebook gefunden.“ Für ihn verstößt Facebook mit seinem Verhalten klar gegen die Datenschutz-Grundverordnung. Andreas Mundt sagt: „Daten sind das Öl, das die Internetwirtschaft schmiert. Deshalb kommen wir nicht an der DSGVO vorbei.“ Mundt weist aber ausdrücklich darauf hin, daß Wettbewerbsschützer keine Datenschützer sind. Trotzdem ist er sich sicher, „daß wir den Datenschutz ziemlich gut gemacht haben.“
Wie geht es weiter ?
Facebook hat jetzt vier Monate Gelegenheit ein neues Konzept für eine rechtlich einwandfreie Datenzusammenführung beim Bundeskartellamt zur Prüfung vorzulegen. Alternativ können sie innerhalb eines Monats gegen die Entscheidung des Bundeskartellamtes Beschwerde beim zuständigen Oberlandesgericht in Düsseldorf einlegen. Dann müssen Richter entscheiden.
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Nachgefragt: Hat Andreas Mundt ein Facebook-Konto?
Ja, auch der Chef des Bundeskartellamtes hat ein eigenes Facebook-Konto. Das bestätigt er auf Nachfrage nach der Pressekonferenz in Bonn und lächelt dabei verschmitzt. Er sagt: „Man sollte, worüber man spricht, aus eigener Anschauung kennen.“