Den Weg zu schnelleren Entscheidungen der Sozialgerichte sieht der Bundesrat in einer Vereinfachung des prozessualen Verfahrens. Die Betroffenen kommen so schneller zu ihrem Recht und die Gerichte werden entlastet.
Um dieses Ziel zu erreichen hat der Bundesrat in seiner heutigen Sitzung einen Gesetzentwurf beschlossen, mit dem er das sozialgerichtliche Prozessrecht ändern will. Auf diese Weise werden insbesondere die hohen Fallzahlen bei Hartz-IV-Klagen reduziert.
Mehr Einzelrichter und mehr Rechte für Kläger
Mehr Einzelrichter und ein Verzicht auf die Mitwirkung ehrenamtlicher Beisitzer sind ein Lösungsansatz, mit dem der Bundesrat die Prozessflut bändigen will. Diese Verfahrensweise hat sich bereits bei den verwaltungs- oder finanzgerichtlichen Verfahren bewährt. Außerdem sollen Klägerinnen und Kläger künftig zukünftig selbst bestimmen können, in welchem Umfang die Sozialgerichte behördliche Verwaltungsakte überprüfen.
Klagemöglichkeit nur gegen Teile des Hartz IV-Bescheids
Nach den Vorstellungen des Bundesrates wären zum Beispiel Beschränkungen auf bestimmte Teile eines Leistungsbescheids für einen Hartz-IV-Empfänger möglich, sofern alle Beteiligte sich einig sind. Bislang müssen die Sozialgerichte einen angegriffenen Bescheid komplett unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt überprüfen, auch wenn der Betroffene sich nur gegen einen Teilbereich wie die Kosten der Unterkunft oder die Höhe des Arbeitslosengeldes wendet.
Berufung beim Landessozialgericht ohne mündliche Verhandlung
Vereinfachungen will der Bundesrat auch im Berufungsverfahren erreichen: Die Landessozialgerichte sollen künftig über eine Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden dürfen. Voraussetzung ist, dass die Berufungsgerichte ihren Beschluss einstimmig fällen. Das ist bei Finanz- und Zivilgerichten schon möglich.
ProAsyl sieht Klagewelle auf die Sozialgerichte zukommen
Die Entlastung der Sozialgerichte käme keinen Moment zu früh. Nach der Entscheidung des Bundestages, den Familiennachzug weiter stark zu begrenzen, rechnet der Verein „Pro Asyl“ mit einer Welle von Klagen durch Flüchtlinge.
„Ich gehe fest davon aus, dass die Entscheidung des Bundestages vermehrt zu Klagen führen wird“, sagt Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt in der Freitagsausgabe der „Heilbronner Stimme“. Er ist der Meinung, daß durch die fortdauernde Trennung eines Kindes von seinen Eltern eine Kindeswohlgefährdung vorliegt und die Klagen damit eine gute Erfolgschance vor Gericht haben. Burkhardt verweist dabei auf die hohe Zahl erfolgreicher Klagen gegen die Asylbescheide des Flüchtlingsamtes (BAMF) und sagt: „Weit mehr als die Hälfte der Klagen auf GFK-Schutz von subsidiär schutzberechtigten Syrern waren bislang erfolgreich.“
Gesetzesentwurf ist schon der zweite Anlauf
Der Gesetzentwurf entspricht wortgleich einer bereits 2016 beschlossenen Bundesratsinitiative, die der Bundestag vor der Wahl nicht mehr abschließend beraten hatte. Der Bundesrat startet nun einen neuen Anlauf. Der Entwurf wird zunächst der Bundesregierung zugeleitet, die innerhalb von sechs Wochen dazu Stellung nehmen kann. Anschließend legt sie beide Texte dem neuen Bundestag zur Entscheidung vor.
Quellen: PM Bundesrat und mit Material der dts-Nachrichtenagentur