Die Bundesregierung versucht in letzter Minute, ein Vertragsverletzungsverfahren vor dem europäischen Gerichtshof (EuGH) abzuwenden. Es geht um die Umsetzung europäischer Vorgaben bei Tierversuchen.
In einem Schreiben an die EU-Kommission bittet die Bundesregierung um einen Aufschub für die Umsetzung der EU-Vorgaben bei Tierversuchen. In dem Schreiben, über das die Neue Osnabrücker Zeitung berichtet, räumt die Regierung ein, dass EU-Bestimmungen „nicht hinreichend deutlich“ umgesetzt worden seien.
Aus Sicht der EU-Kommission wurden europäische Vorgaben für Tierversuche nur unzureichend im deutschen Gesetz verankert. Bemängelt wird unter anderem der Einsatz von Affen bei Experimenten oder der Sachkundenachweis bei den beteiligten Forschern.
„Nachspielzeit“ bis November 2020
Jetzt sollen die rechtlichen Vorgaben für Tierversuche in Deutschland möglichst rasch geändert werden. Das verspricht die Bundesregierung in ihrem Schreiben an die EU-Kommission. In dem Schreiben bittet die Bundesregierung Brüssel um einen zeitlichen Aufschub, da das anstehende Gesetzgebungsverfahren Zeit benötige. Bis November 2020 sollen die Änderungen aber in Kraft treten, versichert Berlin.
Mit ihrem Schreiben versucht die Bundesregierung Zeit zu gewinnen. Zeit, die ihr davonläuft, den das anstehende Vertragsverletzungsverfahren wurde bereits 2018 eingeleitet. Auf Nachfrage der „Neuen Osnabrücker“ wollte sich das zuständige Landwirtschaftsministerium zu dem, möglicherweise kostspieligen, Versäumnis nicht äußern. Begründet wird die Schweigsamkeit mit einem Verweis „auf das laufende Verfahren“.
Grüne fordern Ausstieg aus Tierversuchen
Umso deutlicher wird die Opposition beim Thema Tierschutz für Versuchstiere: „Es ist eine Schande, wie in Deutschland mit Versuchstieren umgegangen wird“, meint Renate Künast, die tierschutzpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion. Künast möchte die anstehende Reform als Chance nutzen „europäischer Vorreiter beim Schutz von Versuchstieren zu werden“. Von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) fordert die grüne Spitzenpolitikerin in der Zeitung „einen Ausstieg aus den Tierversuchen“.
Hintergrund: Im Jahr 2017 wurden, nach Zahlen der Bundesregierung, fast 2,8 Millionen Versuchstiere bei Experimenten eingesetzt. Die Zahlen für 2018 sind noch nicht bekannt.
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Quelle: rb, dts