In einer Presseerklärung wendet sich der Deutsche Anwaltverein (DAV) gegen ein Sonderverfahrensrecht in Pandemiezeiten und fordert einvernehmliche Videoverhandlungen. Diese sollten nicht gegen den Willen der Prozessbeteiligten erfolgen, so die Vereinigung der deutschen Anwaltschaft..
Es geht um einen Fragenkatalog des Bundesjustizministeriums (BMJV). Damit möchte das Ministerium den Bedarf für „erweiterte Möglichkeiten von Videoverhandlungen in Zivilsachen“ in Erfahrung zu bringen. Jetzt liegt die Stellungnahme des Anwaltvereins dazu vor. DAV-Ausschussmitglied Vanessa Pickenpack, Mitglied im Zivilverfahrensrechts.-Ausschuss erklärt: „Generell wird die Möglichkeit von Videoverhandlungen begrüßt, es bedarf aber stets der Zustimmung aller Prozessbeteiligten“.
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Eine Einschränkung macht die DAV-Vertreterin aber doch. Das Verfahren und die Prozesssituation sollten sich dafür eignen. „Die Technik kann, etwa bei Zeugenvernehmungen, die Dynamik stören und eine Glaubwürdigkeitseinschätzung erschweren“, erläutert die erfahrene Rechtsanwältin. Das Recht einer zu vernehmenden Person unmittelbar gegenüberzutreten dürfe nicht eingeschränkt werden, meint Pickenpack. Schließlich sei der persönlich Eindruck entscheidend.
Probleme mit der Technik
„Je mehr Menschen am Prozess beteiligt sind – sei es auf der Richterbank oder auf Seiten der Parteien – umso schwieriger ist es nach den gegenwärtigen technischen Gegebenheiten, das gesamte Setting in Bild und Ton ausreichend zu erfassen“, erklärt DAV-Ausschuss-Mitglied Vanessa Pickenpack, die noch erheblichen Verbesserungsbedarf bei der technischen Ausstattung der Gerichte sieht.
Kein Sonderverfahrensrecht
Einem vom BMJV angedachten „Sonderverfahrensrecht für Pandemie“ steht die Anwaltsvereinigung ablehnend gegenüber. Der Anwaltverein hält es für problematisch, wenn sich der der zuständige Senat nicht im Gerichtssaal befindet. Dies stünde in Konflikt mit dem Öffentlichkeitsgrundsatz. „Ein offener Livestream aus dem Gerichtssaal wäre aus Sicherheitsgründen keine Alternative. Denkbar wäre allenfalls eine Online-Übertragung mit Anmeldeerfordernis oder ähnlicher Beschränkung und sanktioniertem Verbot der Aufzeichnung und Verbreitung“, so der Anwaltsverein in seiner Stellungnahme.
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PM DAV vom 11.8.21