Viele Ladenbetreiber in den Innenstädten sind durch Corona in finanzielle Schwierigkeiten geraten und versuchten deshalb ihre Miete zu reduzieren. Einige Vermieter hatten Verständnis, andere aber nicht. Einfach ungenehmigt die Miete zu kürzen ginge aber nicht, entschied das Amtsgericht (AG) in München bereits Ende letzten Jahres.
Bei dem Streit vor dem Amtsgericht ging es um die ausstehende Mietzahlung einer Modeboutique in Höhe von 2.234,82 Euro. Die Betreiberin der Schwabinger Boutique vertrat die Auffassung, auf Grund der Schließungsanordnung sei es „ein Fall der rechtlichen Unmöglichkeit“ die Miete zu bezahlen, da der Laden nicht geöffnet werden durfte. Deshalb sei sie während dieser Zeit von der Zahlungspflicht befreit gewesen. Jedenfalls könne sie zumindest wegen einer „Störung der Geschäftsgrundlage“ eine Mietreduzierung von 50 Prozent verlangen.
Die Boutique-Betreiberin informierte den Vermieter per email, wegen der Schließungsanordnung von Bekleidungsgeschäften im Rahmen der COVID 19 – Pandemie (17.3. – 26.4.20) für den April nur die halbe Miete zu bezahlen. Das lehnte dieser ab. Trotzdem kürzte die Boutique-Betreiberin die vereinbarte Miete. Jetzt war das Amtsgericht in München gefragt und dieses entschied zu Gunsten des Vermieters.
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Aus der Begründung des Gerichts
„Ein Mangel (…), der zur Minderung berechtigte, ist nicht gegeben. Der Vermieter hat nämlich grundsätzlich dem Mieter nur die Möglichkeit des Gebrauchs zu verschaffen und die Mietsache in einem dem Verwendungszweck entsprechenden Zustand zu erhalten. Der Vermieter schuldet demnach nur die Überlassung der für den Betrieb der notwendigen Räume, nicht aber die Überlassung des Betriebs selbst. (…) die erfolgreiche Nutzung hingegen gehört zum Verwendungszweck des Mieters. Überdies begründen nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse nur dann einen Sachmangel, wenn sie unmittelbar auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruhen. Ist die Mietsache weiter zur Nutzung grundsätzlich geeignet und nur der geschäftliche Erfolg des Mieters betroffen, realisiert sich das vom Mieter zu tragende Verwendungsrisiko. (…) Die Mietsache war trotz der Schließungsanordnung weiterhin zum vereinbarten Betriebszweck geeignet wie vor der behördlichen Anordnung. (…)
Es liegt zwar eine Störung der Geschäftsgrundlage vor, da beide Parteien bei Vertragsschluss wohl vorausgesetzt haben, dass es nicht zu einer globalen Pandemie mit Betriebsschließungen kommt. (…) Nicht jede einschneidende Veränderung der gemeinsamen Vorstellungen rechtfertigt eine Vertragsanpassung. (…) Zu beachten ist, dass grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko trägt. Ferner muss berücksichtigt werden, dass jeder Mieter die Krise anders bewältigt und auch gehalten ist, Kompensationsmaßnahmen zu kreieren, zB durch vorgezogene Instandhaltungsarbeiten oder Onlinehandel, bevor er eine Anpassung des Vertrages verlangen kann. (…) Auch muss bedacht werden, dass der Staat umfangreiche Hilfspakete zur Abwendung wirtschaftlicher Not geschnürt hat, die Umsatzsteuer gesenkt hat und auch Kurzarbeitergeld für Angestellte in Betracht kommt. (…) Die Beklagte hat lediglich vorgetragen, es sei zu einem totalen Umsatzausfall gekommen. Ein Onlineshop sei nicht vorhanden. Dies allein ist nicht ausreichend. Ein gesundes Unternehmen kann in der Regel einen Umsatzausfall von fünf Wochen verkraften. (…)
Das Gericht geht davon aus, dass für eine Vertragsanpassung das Vorhandensein von geänderten Umständen während mindestens eines Zeitraums von ca. 3 Monaten erforderlich wäre.Dieser Richtwert ist vorliegend bei weitem nicht erreicht. (…)“
Urteil v. 15.12.2020, Az.: 420 C 8432/20
Urteil nach Berufungsrücknahme rechtskräftig
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PM AG München v. 13.8.2021