Steuersünder können während der Corona-Krise etwas ruhiger schlafen. Mit „ungebetenem Besuch“ durch die Steuerfahndung müssen sie kaum rechnen. Nach Presseinformationen gibt es in mehreren Bundesländern Dienstanweisungen, nach denen nur noch in Ausnahmefällen Durchsuchungen erfolgen, oder Zeugen und Beschuldigte vernommen werden dürfen. Grund dafür ist die Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus.
Aber auch die behördliche Datenverarbeitung erschwert den Steuerfahndern die Arbeit. Sie klagen über mangelhafte Technik, die ihre Arbeit im Home-Office erschwert. Das ergaben Recherchen der Süddeutschen Zeitung (SZ). Dem widerspricht das Finanzministerium auf Nachfrage. Bei der Technik könne es nur „vereinzelt im Home-Office“ zu geringen Einschränkungen kommen, teilte die Behörde mit.
Steuerfahnder aus mehreren Bundesländern berichten über gegenteilige Erfahrungen: Man könne vom Home-Office aus nicht auf Laufwerke mit Ermittlungsdaten in den jeweiligen Behörden zugreifen, weil es an sicheren Zugängen mangele. Oder Ermittlungsteams müssten sich einen Zugang im Wochenrhythmus teilen.
Veraltete IT-Infrastruktur
Staatsanwälte seien teils tagelang nicht per Mail zu erreichen, weil sie aus dem Home-Office keinen sicheren Zugang zu ihrem Rechner hätten. Wer etwa Auskünfte eines zuständigen Finanzamtes brauche, bekomme von Beamten im Home-Office derzeit oft zu hören: „Warten Sie, bis wir wieder im Dienst sind.“
Ein Fahnder klagt: „Corona zeigt, wie veraltet unsere IT-Infrastruktur ist. Ein sicher laufendes System haben wir nicht.“ Man habe nicht einmal die Technik, um Zeugen per Video vernehmen und die Aussagen aufzeichnen zu können. Das alles erschwere die Aufklärung und nutze den Tätern. „Die da draußen wissen ganz genau, dass uns derzeit die Hände gebunden sind“, so der Ermittler
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„Einen Stillstand der Rechtspflege darf es nicht geben“, sagt der grüne Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz in der SZ. Die Grünen wollen Polizei und Justiz für das digitale Zeitalter fit machen. Dazu brauche es klare Regeln für das Home-Office und für Videokonferenzen. Auch eine Verschlüsselung sei wichtig. Die Coronakrise lege Versäumnisse offen, die schnellstmöglich behoben werden müssten, so von Notz.
In Bayern hatte das Landesamt für Steuer bereits Mitte März verfügt, dass Razzien und Vernehmungen nur noch in begründeten Ausnahmefällen stattfinden dürften. Aber offenbar erst jetzt wird an einem Hygiene-Konzept gearbeitet, welches Durchsuchungen generell wieder möglich machen soll. „Die Beschaffung von Schutzkleidung läuft“, teilte das bayerische Finanzministerium auf Anfrage mit. Wenn der Schutz aller Beteiligten gewährleistet sei, könne „der Außendienst wieder ohne weitergehende Einschränkungen“ laufen. Man gehe davon aus, dass das bald so sein werde. Razzien fänden weiterhin statt, wenn Verdunklungs- und Fluchtgefahr oder Verjährung drohe.
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Quelle: dts-Nachrichtenagentur