Einige europäische Nachbarn haben auf die Corona-Pandemie mit einer Ausgangssperre reagiert. Von dieser radikalen Maßnahme ist Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery nicht überzeugt. Er sagt: „Ich bin kein Freund des Lockdown. Wer so etwas verhängt, muss auch sagen, wann und wie er es wieder aufhebt“.
„Da wir ja davon ausgehen müssen, dass uns das Virus noch lange begleiten wird, frage ich mich, wann wir zur Normalität zurückkehren?“ Man könne doch nicht Schulen und Kitas bis Jahresende geschlossen halten. Denn so lange werde es mindestens dauern, bis man über einen Impfstoff verfüge, erklärte der langjährige Vorsitzende des Deutschen Ärztebundes in der Rheinischen Post (RP).
Italien ist für Montgomery das Negativbeispiel. Dort habe man einen „Lockdown“ verhängt und einen gegenteiligen Effekt erzielt. „Die waren ganz schnell an ihren Kapazitätsgrenzen, haben aber die Virusausbreitung innerhalb des Lockdowns überhaupt nicht verlangsamt“, meint der erfahrene Mediziner.
Politische Verzweifelungsmaßnahme
Für Montgomery ist ein Lockdown eine politische Verzweiflungsmaßnahme, weil man meint, mit Zwangsmaßnahmen weiter zu kommen, als mit der Erzeugung von Vernunft. Kritisch sieht er auch die von der Bundesregierung angeordneten Grenzschließungen. „Ich glaube nicht, dass die Grenzschließungen das Virus aufhalten können. Das ist politischer Aktionismus.
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CDU-Staatssekretär droht mit Ausgangssperre
Gegenteiliger Meinung ist der Parlamentarische Staatssekretär im Wirtschaftsministerium Marco Wanderwitz (CDU). Nach seiner Meinung ist Teilen der Bevölkerung die Dimension der Corona-Krise noch nicht bewusst. Notfalls müsse der Staat in Kürze die Maßnahmen verschärfen, so der CDU-Politiker in der RP. „In den nächsten Tagen wird sich wohl zeigen, ob auch in Deutschland so etwas wie eine Ausgangssperre verhängt werden muss.“
Unvernunft zwingt zum Handeln
Wenn man darum bitte, Sozialkontakte zu vermeiden und dann mehrere Menschen eng um einen Tisch vor der Bäckerei zu sehen sind, müsse man feststellen, „sie haben das Ausmaß der Gefahr noch nicht verstanden“. Wanderwitz sagt: „Wenn die Unvernunft der Leute mit Händen zu greifen ist, müssen wir handeln.“
Experte: Ausgangssperre ist sinnlos
Auch der renommierte Virologe Prof. Dr. Jonas Schmidt-Chanasit, der am „Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin“ der Universität Hamburg forscht, spricht sich gegen die Verhängung von Ausgangssperren aus. „Ausgangssperren sind nicht sinnvoll. Man kann natürlich in den Park gehen. Es geht darum, soziale Kontakte zu vermeiden“, erklärte der Experte bei „n-tv“. Schmidt-Chanasit sagt: „Wenn man jetzt raus geht und sich im Biergarten mit hunderten von Leuten trifft – das wollen wir auf keinen Fall. Aber es spricht nichts dagegen, mit dem Hund mal in den Park zu gehen.“ Insofern sei er gegen Ausgangssperren.
„Hier ist einmal ganz klar zu sagen: Wir müssen die für Deutschland passenden Maßnahmen ergreifen“, meint der Virologe. Es bringt, seiner Meinung nach nichts, auf andere Länder zu zeigen. Schmidt-Chanasit rät den Verantwortlichen: „Die Gesundheitssysteme, die Strukturen, die kulturellen Hintergründe sind verschieden. Und wir müssen für uns die besten Maßnahmen finden.“
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Quelle: rb, dts