Der Wolf ist zurück und mit ihm die Angst. Rotkäppchen fürchtet, zukünftig nicht mehr sicher durch den Wald joggen zu können. Ihr Vater, ein armer Landwirt, fürchtet um seine Schafherde.
Zumindest die erste Frucht ist unbegründet. „Es gibt keine real existierende Gefahr für dreijährige Kinder im deutschen Wald.“ Das versichert die grüne Abgeordnete Steffi Lemke einem besorgten FDP-Abgeordneten während einer Diskussion im Bundestag Anfang Februar. Sie warnt dabei eindringlich vor einer Debatte, in der „unberechtigte Ängste geschürt werden“. Thema war die zunehmende Anzahl der Wölfe in Deutschland.
Die „Wolfsgefahr“ in Zahlen
Im Jahr 1999 gab es erst ein Wolfspaar in der Lausitz, welches im folgenden Jahr zum ersten Mal Nachwuchs hatte. Zehn Jahre später existierten bereits 10 Rudel in Deutschland und im Jahr 2017 zählten die Wissenschaftler des Bundesamtes für Naturschutz 60 Wolfsrudel. Jedes Rudel hat eine Stärke von 5 bis 6 Tieren. Das ergibt eine Wolfsanzahl von 360 Tieren. Dazu kommen noch 13 Wolfspaare und vier Einzeltiere. Die Wolfanzahl nimmt geschätzt jährlich um ein Drittel zu.
Wölfe sind keine Vegetarier
Wölfe sind nachgewiesenermaßen keine Vegetarier. Deshalb sind die Sorgen von Rotkäppchens Vater, dem Landwirt, mehr als begründet. Im Jahr 2015 wurden 700 Weidetiere von Wölfen gerissen. Im Jahr danach waren es schon über 1.000 Nutztiere, zum grossen Teil Schafe.
Jetzt wollen alle Parteien für eine schnelle Entschädigung der betroffenen Landwirte und Schäfer sorgen. Außerdem planen sie Herdenschutzmaßnahmen finanziell zu unterstützen.
Doch nur ein kleiner Teil der wölfischen Nahrung besteht aus Nutztieren, der Rest sind Wildtiere.
Aus den Anträgen der Fraktionen zum Thema „Unkontrollierte Population des Wolfes“:
Union und SPD wollen Nutztiere schützen
Schäden der Nutztierhalter werden zu 100 Prozent ausgeglichen, versprechen CDU, CSU und SPD. Wölfe, welche die empfohlenen Schutzmaßnahmen für Weidetiere mehrfach überwinden, sollen getötet werden.
FDP will Jagdrecht ändern
Die FDP verlangt in einem Antrag den Wolf als jagdbare Tierart in das Bundesjagdgesetz aufzunehmen. Aus Sicht der Liberalen hätten sich die Jäger als ausgebildete Fachkräfte im jeweiligen Jagdbezirk bewährt und seien in Notsituationen sehr schnell mobilisierbar.
Linke fordert mehr Geld
Die Linke will „wolfssichere Herdenschutzlösungen für unterschiedliche Gebietskulissen“. In ihrem Antrag fordern sie die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Unterstützung für Herdenschutzmaßnahmen und Schadensausgleich für Schäden durch Wolfsübergriffe.
Grüne für umfassenden Schutz
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen betrachtet die Rückkehr des Wolfes als einen großen Erfolg für den Artenschutz in Deutschland. Die Abgeordneten fordern die Bundesregierung dazu auf, sich auf allen Ebenen für einen umfassenden Schutz des Wolfs einzusetzen.
AfD denkt auch an Touristen
Die AfD will Naturschutz- und Jagdrecht ändern, um Weidetierhaltung und regionale Besonderheiten der Besiedlungs- und Touristikstrukturen besser zu berücksichtigen. Sie sehen die Gefahr, daß die Populationsdichte in einigen Gebieten „mehr und mehr Wölfe zu einer artfremden Lebensweise veranlasst“.
Gewalt ist keine Lösung
Das Problem: Der Wolf ist international streng geschützt durch das Washingtoner Artenschutzabkommen, die europäische Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und auch nach deutschem Recht. Es ist verboten, Wölfe zu fangen oder zu töten.
„Gutes Wolfmanagement ist auf Basis der vorhandenen rechtlichen Regelungen möglich“, sagt Rita Schwarzelühr-Sutter, parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau- und Reaktorsicherheit. Aus Sicht der Bundesregierung sei deshalb eine Änderung des Schutzstatus des Wolfes auf deutscher oder europäischer Ebene nicht erforderlich. Aus Sicht von Schwarzelühr-Sutter ist es unverantwortlich, die Ängste vor dem Wolf zu schüren, aber man müsse die Sorgen ernst nehmen.
Zukunft des Wolfs noch nicht gesichert
Der Erhaltungszustand der Wolfspopulation ist nach Einschätzung von Experten trotz Zunahme immer noch als ungünstig zu bewerten. Allein in den Jahren von 2015 bis 2017 wurden 130 tote Wölfe gefunden. Zwei Drittel von ihnen fiel dem Straßenverkehr zum Opfer. Dazu kommen noch illegale Abschüsse. Seit 2011 sind in Deutschland 21 Fälle bekannt geworden. Die Dunkelziffer ist noch wesentlich höher vermuten Naturschützer.
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https://www.judid.de/kommentar-der-wolf-im-bundestag/