„Nach meiner Einschätzung gibt es derzeit keinen Anlass, die Gemeinnützigkeit der Deutschen Umwelthilfe in Frage zu stellen“, erklärt Rainer Hüttemann, Direktor des Instituts für Steuerrecht an der Universität Bonn.
Die Diskussion von CDU und CSU über eine Aberkennung der Gemeinnützigkeit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) stößt bei dem Rechtsexperten auf Unverständnis. Der renommierte Autor eines juristischen Standardwerks zum Gemeinnützigkeitsrecht erklärt in der Rheinischen Post dazu: Ob eine Organisation wie die Umwelthilfe gemeinnützig sei, hänge nicht von politischen Einschätzungen, sondern allein davon ab, ob die Organisation die in der Abgabenordnung bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen erfülle. Es sei unerheblich, in welcher Höhe eine Organisation Spenden erhalte, oder in welchem Umfang sie sich durch wirtschaftliche Tätigkeiten zusätzliche Mittel für ihre satzungsgemäßen Zwecke beschafft.
Außerdem befürchtet Hüttemann mögliche Folgen für andere Gruppierungen. “Die Debatte ist insofern kritisch zu sehen, als man mit ähnlichen Argumenten auch die Gemeinnützigkeit anderer - politisch unliebsamer – Organisationen in Zweifel ziehen könnte“, warnt der erfahrene Jurist.
Hintergrund:
Bei einer Regierungsbefragung im Deutschen Bundestag zu einem Parteitagsbeschluss der CDU hatte die Bundeskanzlerin erklärt: „Auch wenn von den Finanzbehörden die Gemeinnützigkeit festgestellt wird, entbindet uns dies nicht davon, uns das mal näher anzugucken“ und sie sagte weiter: „Die Überprüfung von staatlicher Seite, ob die Voraussetzungen für die Gemeinnützigkeit erfüllt sind, und die politische Einschätzung, dass sie nicht erfüllt sind, müssen wir jetzt in Einklang bringen. Deshalb werden wir uns das regierungsseitig anschauen“.
Umwelthilfe: Die 5. Kolonne von Toyota?
Im Rahmen der Fahrverbots-Diskussion hatte auch NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) Ende letzten Jahres die Deutsche Umwelthilfe scharf angegriffen. „Das ist ein klassischer Abmahnverein, finanziert von einem ausländischen Autokonzern, der die deutsche Autoindustrie schwächen will“, polterte Laschet in der WAZ. Er begründet seinen Vorwurf mit der Förderung der Organisation durch den japanischen Autohersteller Toyota. Für Laschet ist klar: „Wenige Mitglieder, 100 Hauptamtliche – das könnte sich kein Verein und keine Nichtregierungsorganisation erlauben.“
Steuergewerkschaft: Keine „Lex Umwelthilfe“
Vor dem Steuerrechtler Rainer Hüttemann hatte sich bereits der Vorsitzende der Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, zu Wort gemeldet. Er warnte die Politik im Handelsblatt vor den Folgen einer „Lex Umwelthilfe“. Der ehemalige Chef eines Finanzamtes erklärte: „Das Gemeinnützigkeitsrecht zu ändern, dürfte zu massivem Widerstand vieler gemeinnütziger Organisationen führen“. Für ihn ist klar: „Auch die steuerliche Abzugsfähigkeit von Parteispenden dürfte dann wieder ein Thema für die Öffentlichkeit werden“. Zudem sei die Prüfung der Gemeinnützigkeit ausschließlich Sache des zuständigen Finanzamtes, das „dem Recht und keiner Partei verpflichtet“ ist.
Eigenthaler verweist auf Paragraf 3 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes. Danach habe der Gesetzgeber selbst eine Verknüpfung zwischen der Gemeinnützigkeit und einem Verbandsklagerecht hergestellt. Ein solches Klagerecht verstärke demnach sogar die Gemeinnützigkeit. „Unliebsame Gerichtsurteile lassen sich mit einem solchen Beschluss daher nicht aus der Welt schaffen“, so der Steuergewerkschafter.
Fördermittel-Stopp wäre rechtswidrig
Auch aus Speyer kommen mahnende Worte. Staatsrechtler Joachim Wieland von der dortigen Verwaltungshochschule erklärte im Handelsblatt: Ein Fördermittel-Stopp für die Deutsche Umwelthilfe wäre rechtswidrig. „Fördermittel des Bundes werden nach pflichtgemäßem Ermessen unter Beachtung des allgemeinen Gleichheitssatzes vergeben“, sagt der Jurist und ergänzt: „Über die Gemeinnützigkeit der DUH wird nicht nach politischen Kriterien entschieden, sondern nach den Vorschriften der Abgabenordnung von den zuständigen Finanzbehörden.“
Warnung vor einem Rechtsbruch
Staatsrechtler Joachim Wieland warnt vor einem Rechtsbruch. „Im Rechtsstaat steht die Erfüllung von Rechtsansprüchen nicht im politischen Ermessen, sondern Rechtsansprüche sind unabhängig von politischen Erwägungen nach Recht und Gesetz durchzusetzen“, sagt der Professor für Öffentliches Recht aus Speyer. Es sei deshalb zu hoffen, dass die Regierung das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung auch dann beachte, wenn ihre politischen Ziele verfehlt werden. Jedenfalls könne „regierungsseitig mit Blick auf die Gemeinnützigkeit der Deutschen Umwelthilfe nichts unternommen werden, was rechtmäßig wäre“, so Professor Wieland.
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R.B., dts-Nachrichtenagentur