Die ehemalige Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger warnt vor den geplanten automatischen Kamerakontrollen. Sie sagt: „Es drängt sich der Eindruck auf, dass hier der aktuelle Anlass der Dieselfahrverbote eilig genutzt werden soll, um eine weitere Rechtsgrundlage zur Überwachung zu schaffen.“
Für die FDP-Politikerin ist klar: „Werden Daten an einer Stelle gesammelt, so werden sie irgendwann auch an ganz anderer Stelle genutzt. Die Regierung will schon wieder eine Rechtsgrundlage für massenhaftes und anlassloses Datensammeln schaffen – diesmal im Straßenverkehrsrecht“, befürchtet die erfahrene Juristin. Für sie ist es „besonders erschreckend“ das es bei der geplanten Videoüberwachung lediglich um Ordnungs- oder Bußgelder in der Höhe von 25 bis 80 Euro geht. „Das ist völlig unverhältnismäßig“, kritisiert die ehemalige Bundesjustizministerin gegenüber dem Handelsblatt und fordert: „Durch die Hintertür darf es nicht in den Überwachungsstaat gehen.“
Einschüchterung der Autofahrer
Auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages warnt in einem Gutachten, aus dem die FAZ zitiert, eindringlich vor dieser Form einer Verkehrsüberwachung. Die geplanten Änderungen des Straßenverkehrsgesetzes könnten zur „allgemeinen Einschüchterungseffekten“ von Autofahrern führen. Da in dem Gesetz keine Stichprobenregelung vorgesehen sei, würden alle Autofahrer gleichermaßen überwacht. Das erhöhe die Intensität des Grundrechtseingriffs. In dem Gutachten weisen die Experten darauf hin, daß unklar sei, wie die Landesbehörden die gesammelten Daten verwenden würden.
Änderung der Straßenverkehrsordnung
Der vom Bundeskabinett beschlossene Entwurf des „Neunten Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes“ sieht vor, dass Verkehrsüberwachungsbehörden auf die Daten des Zentralen Fahrzeugregisters zugreifen können, um anhand der dort gespeicherten Daten den Fahrzeughalter identifizieren zu können.
Erfaßt werden soll bei der Videoüberwachung der Fahrverbotszonen das „Bild des Fahrzeugs und des Fahrers“ sowie „Ort und die Zeit der Teilnahme am Verkehr im Gebiet mit Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverboten“.
Betroffen von der Überwachung wären alle Verkehrsteilnehmer, nicht nur die Fahrer von Dieselfahrzeugen. Für Jimmy Schulz (FDP), den Vorsitzenden des Ausschusses Digitale Agenda im Bundestag, ist klar: Die Autofahrer werden hier unter „Generalverdacht gestellt“.
Keine Berechtigung zur Totalüberwachung
Die geplante Gesetzesänderung berechtigt die zuständigen Behörden dazu, die Daten „auch automatisiert, erheben, speichern und verwenden“ zu dürfen. Liegt ein Verstoß vor, können die Daten bis zu sechs Monate gespeichert werden.
Die Verfolgung von Verstößen gegen andere straßenverkehrsrechtliche Vorschriften, wie etwa gegen die Gurtanlegepflicht, ist laut Regierung von der Neuregelung nicht vorgesehen.
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Mit Material der dts-Nachrichtenagentur