Angesichts des rasanten Wandel auf dem Arbeitsmarkt „müsse man die SPD jetzt gründen, wenn es sie nicht schon gäbe!“ sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil während einer Veranstaltung der SPD-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag. Thema war die Weiterbildung im digitalen Zeitalter.
Der digitalen Strukturwandel verändert die Arbeitswelt. Nach einer OECD-Schätzung ist jeder dritte Arbeitsplatz von diesem Wandel betroffen. Robotik und Künstliche Inteligenz dringen in immer mehr Arbeitsbereiche vor.
Weiterbildung und Qualifikation der Arbeitnehmer ist die Antwort der Sozialdemokraten auf diese Herausforderung. Unter der Überschrift „Gelernt ist längst nicht mehr gelernt“ diskutierte in Düsseldorf eine illustre Runde über aktuelle und geplante Weiterbildungsmöglichkeiten.
„Was bedeutet Digitalisierung für die Menschen?“ fragte Christina Kampmann in ihrer Begrüßungsansprache. Die Sprecherin im NRW-Landtagsauschuß für Digitalisierung und Innovation steuerte auch ein Beispiel aus dem Pflegebereich bei. Der Einsatz von Robotern, um beispielsweise Menschen aus Betten zu heben, würde die Pflegekräfte erheblich entlasten und ihnen die schwere Arbeit leichter machen. Für Kampmann stellt sich daher die Frage: „Wo macht es Sinn, mehr Technik einzusetzen?“
Gesetzlicher Hebel für Weiterbildung
Gespannt waren die über einhundert interessierten Zuhörer im Plenarsaal des Landtages auf den Vortrag von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil. Der versicherte den Anwesenden, daß man Konjunkturschwächen und den Wandel der Arbeitswelt durchaus „managen“ kann. In seiner Rede betonte Heil die Notwendigkeit von Umschulungen auch für Gutqualifizierte und verwies auf sein „Qualifizierungschancengesetz“. Es gelte einen „Hebel für Weiterbildungsoptionen“ zu schaffen. Besonders im Auge hat Heil dabei die kleinen und mittelständischen Unternehmen. Erste Erfolge seiner Maßnahmen sieht er in den Bereichen Handel, Banken und Versicherungen. Diese sind vom digitalen Umbruch besonders betroffen.
Fördern und fordern bei Arbeitgebern
Heil machte in Düsseldorf auch Werbung für sein neues „Arbeit von morgen Gesetz“, das kurz vor der Ressortabstimmung im Bundeskabinett steht. Bei diesem Gesetzesvorhaben hat die Arbeitgeberseite zwiespältige Gefühle. Heil hat bei seinem Gesetz ein erfolgreiches Konzept wiederbelebt. Es geht um Gerhard Schröders „Fördern und Fordern“. Diesmal sind aber nicht die Arbeitnehmer, sondern die Arbeitgeber betroffen. Geplant ist, den Bezug von Kurzarbeitergeld zu verlängern und den Arbeitgebern die Sozialbeiträge zu erstatten. Auf der Fordern-Seite ist die Gewährung des Kurzarbeitergeldes an Qualifizierungsmaßnahmen für die Beschäftigten gebunden.
Digitale Ausbeutung
In der Gesetzespipeline des Bundesarbeitsministers befindet sich bereits das „Arbeit für morgen Gesetz Teil II“ und eine Anpassung des Betriebsverfassungsgesetzes. Hier sollen Regelungen gegen „digitale Ausbeutung“, das Recht auf „mobiles Arbeiten“ und eine gesetzliche Klärung der Abgrenzung von Selbständigen und Arbeitnehmern im digitalen Zeitalter erfolgen. Auch der „sachgrundlose Befristung“ von Arbeitsverhältnissen will Heil einen Riegel vorschieben.
Den arbeitsrechlichen Nachholbedarf vieler Unternehmen aus der digitalen Wirtschaft belegte Hubertus Heil mit einer kürzlich erlebten Begebenheit. Als er vor Digitalunternehmern sprach und die Worte „Mitbestimmung“ und „Betriebsrat“ erwähnte, reagierten diese etwas irritiert. Offensichtlich besteht auch an dieser Stelle dringender Weiterbildungsbedarf.