Die unzureichende Umsetzung der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zwingt die Aufsichtsbehörden zum Handeln. Eine Handelsblatt-Umfrage bei mehreren Landes-Datenschutzbeauftragten ergab, dass inzwischen erste Bußgeldverfahren eingeleitet wurden.
Noch in diesem Jahr würden Bußgelder „in erheblichem Umfang anfallen“, sagt der Chef der Datenschutzbehörde in Baden-Württemberg Stefan Brink. Als Beispiele für DSGVO-Verstöße nennt er rechtswidrige Videoüberwachungen und Verletzungen des Schutzes personenbezogener Daten.
Der Hamburger Datenschützer Johannes Caspar hat bislang zwei Bußgeldverfahren eingeleitet. Seine Behörde habe zudem „mehrmals Verwarnungen ausgesprochen“, so Caspar gegenüber der Zeitung. Als Beispiele nennt Caspar „werbliche Ansprachen“ per E-Mail, die ohne Rechtsgrundlage stattfänden. Hierfür ist grundsätzlich eine Einwilligung erforderlich. Ein Dauerthema ist für ihn auch das Vermieter-Fragerecht, wenn durch die Vermieter bereits im Vorfeld unzulässig viele Daten erhoben werden.
Anzahl der Bußgeldbescheide nimmt zu
Nordrhein-Westfalens Datenschutzbeauftragte Helga Block hat schon erste Bußgeldbescheide erlassen. „Dabei ging es insbesondere um Fälle, in denen wir von den angeschriebenen Verantwortlichen keine Auskünfte erhalten haben“, so Block gegenüber dem Handelsblatt.
In Berlin stehen Strafmaßnahmen kurz bevor. „Bis Ende des Jahres ist mit ersten Bußgeldern nach neuem Recht zu rechnen“, sagt Dalia Kues, Sprecherin der Datenschutzbehörde, bei der Befragung. Bei ihr ist das Beschwerdeaufkommen im Bereich der Betroffenenrechte besonders hoch. Dabei versäumen es Unternehmen, Selbstauskünfte nicht oder nicht richtig zu erteilten. Ein weiterer Beschwerdegrund ist auch der ignorierte Daten-Löschanspruch von betroffenen Bürgern.
Beschwerdegrund: Unerwünschte E-Mail-Werbung
„Auch der Bereich unerwünschte E-Mail-Werbung ist eingabenstark“, sagt Kues und weist besonders auf den Bereich Telemedien hin. „Dort betreffen die Beschwerden vielfach den Einsatz von Cookies oder die Datenschutzerklärungen von Internetauftritten“, so die Behördensprecherin. „Wir erhalten sehr viele Hinweise zu Webseiten, die gar keine oder offensichtlich mangelhafte Datenschutzhinweise enthalten.“
DSGVO sorgt für mehr Datenschutzbeschwerden
Seit Inkrafttreten der DSGVO verzeichnen die Behörden einen drastischen Anstieg der Datenschutzbeschwerden. Im Vergleich zum Vorjahr hätten sich die Zahlen verdoppelt, sagt der Hamburger Datenschützer Caspar. Auch die Behörde in Berlin registrierte ein hohes Beschwerdeaufkommen. In den Monaten Mai bis einschließlich September seien insgesamt 2.157 Beschwerden von betroffenen Bürgern eingegangen, sagt Sprecherin Kues.
Im gleichen Vorjahreszeitraum habe es lediglich 578 solcher Eingaben gegeben. Somit hat sich die Zahl der Beschwerden fast vervierfacht. Auch in Baden-Württemberg verzeichnet die zuständige Datenschutzbehörde eine deutliche Zunahme an Nachfragen beziehungsweise Beschwerden. Die Zahl der Eingaben sei seit Mai 2018 um das Dreifache gestiegen, sagt Behördenchef Brink.
.
R.B., dts-Nachrichtenagentur