Während EDV-Spezialisten und Juristen rotieren, um drohende Strafen durch das neue Datenschutzrecht für ihre Unternehmen abzuwenden, klopfen sich verantwortliche Politiker zufrieden auf die Schulter.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) lobt die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) mit den Worten: „In Zeiten, in der die Datenverarbeitung ins Zentrum der unternehmerischen Wertschöpfung rückt und der Datenschutz ins Zentrum des öffentlichen Interesses, ist das ein großer Schritt nach vorn. Von heute an gilt: Digitale Innovationen, die das Grundrecht auf Datenschutz sicherstellen, das sind digitale Innovationen made in EU“. Seiner Meinung nach kommen die Datenschutz-Neuregelungen der exportstarken deutschen Wirtschaft zugute.
Von der Politik im Stich gelassen
„Das Bundeswirtschaftsministerium hat in den vergangenen Monaten insbesondere kleine und mittlere Unternehmen dabei unterstützt, die neuen Vorgaben umzusetzen“, so Altmaier. Diese Aussage dürfte den Präsidenten des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) Mario Ohoven verblüfft haben. In den „Welt-Nachrichten“ gibt er ein andere Wirklichkeit wieder. Ihn haben „tausende von Anrufen mittelständischer Unternehmen erreicht, die sich von der Politik im Stich gelassen fühlen“, so Ohoven in der Nachrichtensendung. Der Mittelstandspräsident sieht in den Neuregelungen ein „bürokratisches Monster“. Für ihn liegt die Verantwortung für die Umsetzungsprobleme vieler Mittelständler bei der Politik, die es versäumt habe, rechtzeitig zu informieren und aufzuklären.
Entdigitalisierung des Mittelstands
Mario Ohovens Sicht auf die neue DSGVO ist kritisch. Im TV-Interview mit den WELT-Nachrichten fordert er die Bundesregierung auf, Sanktionen bei Verstößen für ein halbes Jahr auszusetzen. „Aus Angst vor hohen Strafen bei unbeabsichtigten Verstößen gegen die Neuregelung verzichten viele Mittelständler auf Umsatz beim E-Commerce, indem sie ihren Online-Auftritt deaktivieren“, so Ohoven. Statt den Mittelstand 4.0 zu fördern, leiste das neue Recht einen Beitrag zur „Entdigitalisierung der Wirtschaft“.
Hohe Bürokratiekosten
Für Ohoven ist die Verhältnismäßigkeit bei Sanktionen nicht gegeben, da sich die Höhe der Strafen an internationalen Großkonzernen orientierten würde, aber Klein- und Mittelbetriebe genauo trifft. Eine mögliche Strafe von vier Prozent des Jahresumsatzes ist seiner Meinung nach für viele Klein- und Mittelständler nicht zu schaffen.
Insbesondere kritisiert der BVMW-Präsident die zusätzliche Bürokratie mit der sich die Unternemen durch die DSGVO konfrontiert sehen. Den kostenmäßigen Aufwand für die Umsetzung in den Betrieben beziffert Ohoven auf bis zu 60 Prozent Mehrbelastung gegenüber den bisherigen Regelungen. „Hier muss die Bundesregierung handeln, um Schaden vom Mittelstand abzuwenden“, so der Präsident des Bundesverbandes für die mittelständische Wirtschaft.
R.B. / dts / PM BMWi