Der Vorschlag der EU-Kommission für eine einheitliche EU-Maut enthält ein politisch bewährtes Konzept: das Schadensverursacher-Umkehrungsprinzip.
Till Eulenspiegel war ein Spaßmacher der durch die Lande zog und den Menschen den Spiegel vorhielt. In unseren Tagen wäre er aus Brüssel nicht mehr weggekommen und hätte einen rollbaren Ganzkörperspiegel gebraucht. Der neuste Streich der EU-Bürokraten ist die Vorlage einer europaweiten Maut. Das klingt auf den ersten Blick vernünftig. Die Maut soll nach dem Verursacherprinzip funktionieren. Die Benutzer der Straße sollen für die von ihnen verursachten „Schäden“ zahlen, zum Beispiel Staus, Luftverschmutzung, Lärm und Abgase.
Und so funktioniert das Schadensverursacher-Umkehrungsprinzip:
Zuerst werden „umweltfreundliche“ Autos gebaut und gefeiert. Die staatlichen Kontrolleure arbeiten bei der Zulassungsprüfung mit einer Augenklappe. Auf dem Auge für den Umweltschutz sind sie blind und winken die Fahrzeuge problemlos durch. Dann stellt sich heraus, das alles nur Lug und Trug war. Jetzt sollen die unbedarften Käufer der „Dreckschleudern“ Gebühren für die von ihnen verursachten Staus, die Luftverschmutzung, den Lärm und die Abgase bezahlen. Wenn Narren aus Brüssel auf Schildbürger aus Deutschland treffen ist das Ergebnis eine verursacherabhängige Maut.
Und so ist es in den Begriffsbestimmungen des EU-Mautvorschlages zu lesen:
6. „Mautgebühr“ eine für die Fahrt eines Fahrzeugs auf einem bestimmten Verkehrsweg zu leistende Zahlung, deren Höhe sich nach der zurückgelegten Wegstrecke und dem Fahrzeugtyp richtet, die zur Benutzung der Verkehrswege durch ein Fahrzeug berechtigt und die eine Infrastrukturgebühr sowie gegebenenfalls eine Staugebühr oder eine Gebühr für externe Kosten oder beides beinhaltet;
7. „Infrastrukturgebühr“ eine Abgabe zur Anlastung der infrastrukturbezogenen Bau-, Instandhaltungs-, Betriebs- und Ausbaukosten, die in einem Mitgliedstaat entstehen;
8. „Gebühr für externe Kosten“ eine Abgabe zur Anlastung der Kosten, die in einem Mitgliedstaat durch verkehrsbedingte Luftverschmutzung oder Lärmbelastung oder beides entstehen;
9. „Stau“ eine Situation, in der das Verkehrsaufkommen die Aufnahmekapazität der Straße fast erreicht hat oder überschreitet;
10. „Staugebühr“ eine Abgabe, die von Fahrzeugen zur Anlastung der in einem Mitgliedstaat entstehenden staubedingten Kosten und zur Staureduzierung erhoben wird;
11. „Kosten verkehrsbedingter Luftverschmutzung“ die Kosten der Schäden, die beim Betrieb eines Fahrzeugs durch die Emissionen von Feinstaub und Ozonvorläufern wie Stickoxiden sowie von flüchtigen organischen Verbindungen verursacht werden;
12. „Kosten verkehrsbedingter Lärmbelastung“ die Kosten der Schäden, die durch die Lärmemissionen eines Fahrzeugs oder das Abrollgeräusch auf dem Straßenbelag verursacht werden;
…
Kosten für das „Abrollgeräusch auf dem Straßenbelag“. Auf so was muss man erst mal kommen.
Wie geht es jetzt weiter? Soll der Bauer eine Abgabe für die „Abgase“ seiner Kühe zahlen, gestaffelt nach Anzahl der Tiere, wenn er seine Kühe über die Straße treibt? Wie ist es mit dem Abrieb von Fahrradreifen auf der Straße?
Für die Versäumnisse der Verkehrspolitik ist der Straßenbenutzer verantwortlich und der soll gefälligst auch dafür bezahlen. Damit werden geschädigte Autokäufer und staugeplagte Pendler kurzerhand zum Verursacher erklärt und zur Kasse gebeten. Statt von Staatsseite nur umweltfreundliche Fahrzeuge zuzulassen und den Verkehr vernünftig zu regeln, haben jetzt die Autofahrer den schwarzen Peter. Das Schadensverursacher-Umkehrungsprinzip ist eine echte Narrennummer, bei der das Pferd am Schwanz aufgezäumt wird. Till Eulenspiegel hätte seine helle Freude an den neuen Mautplänen aus Brüssel gehabt.