Während der deutsche Finanzminister Olaf Scholz (SPD) noch die steuerlichen Früchte der „Panama-Papers“ erntet, zeigt ihm die EU-Kommission, wie Mehrwertsteuerbetrug zukünftig digital bekämpft wird.
Der deutsche Finanzminister will verstärkt gegen Geldwäsche und Steuertricks vorgehen. Dazu möchte Scholz der Geldwäsche-Spezialeinheit des Zolls mehr Rechte einräumen. Es geht um Kryptowährungen wie den Bitcoin. „Insbesondere die Anonymität virtueller Währungen ermöglicht ihren potenziellen Missbrauch für kriminelle und terroristische Zwecke“, heißt es in der Begründung eines Gesetzesentwurfs, mit dem auch eine EU-Richtlinie umgesetzt werden soll, die das Transparenzregister öffentlich zugänglich macht. Dieses Verzeichnis nennt die wirklichen Eigentümer von Unternehmen.
TNA – App gegen Steuerbetrug
Während in Deutschland noch diskutiert wird, hat in Brüssel die Zukunft der steuerlichen Betrugsbekämpfung schon begonnen. Seit dem 15. Mai steht den EU-Staaten ein neues Tool zum Aufspüren von Mehrwertsteuerbetrügern zur Verfügung, das „Transaction-Network-Analysis-Tool (TNA)“. Dieses Analyse-Tool soll zukünftig Steuerbetrug in Milliardenhöhe verhindern.
Der für Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten, Steuern und Zoll zuständige Kommissar Pierre Moscovici sagt: „Mehrwertsteuerbetrug ist heute eines der größten Probleme für die öffentlichen Finanzen, und seine Bekämpfung sollte für die Regierungen der EU-Länder höchste Priorität haben. Dank des neuen Instruments können die Behörden verdächtige Aktivitäten schneller aufdecken und entsprechend tätig werden.“
Die Mehrwertsteuer ist eine wichtige Einnahmequelle für die EU-Mitglieder. Allein 2015 erzielten sie damit Steuereinnahmen von über 1 Billion Euro. Kriminelle zapfen diese sprudelnde Steuerquelle in wachsendem Maße an. Sie nutzen dabei ein sogenannte Umsatzsteuer-Karussell. Das ZDF-Magazin „frontal21“ schätzt den dadurch entstandenen Schaden jährlich auf über 50 Milliarden Euro.
Wie funktioniert das Umsatzsteuer-Karussell?
Die Betrugsmasche ist einfach, aber effektiv. Hochwertige Waren werden zum Beispiel aus Deutschland exportiert. Die Mehrwertsteuer lassen sich die Täter vom Finanzamt erstatten, da der Export mehrwertsteuerbefreit ist. Dann wird die Ware wieder nach Deutschland eingeführt (von einer anderen Scheinfirma) und das Spiel beginnt von vorne. Die Ware wird immer im Kreis durch Europa gefahren. Es geht hier nicht um Handel, es geht den Kriminellen nur um die Erstattung der Mehrwertsteuer. Dieses System funktioniert nicht nur in Deutschland. Auch andere Mitgliedsstaaten sind betroffen.
Wenn die Finanzämter Verdacht schöpfen und nachhaken, lösen sich Scheinfirmen und Betrüger in Luft auf und mit ihnen die Steuergelder. Warum dem Betrugssystem bisher so schwer beizukommen ist, haben Journalisten von frontal21 in ihrer Recherche „Der große Betrug“ (ZDF-Mediathek) an einigen interessanten Beispielen aufgezeigt.
Grenzüberschreitende Kooperation mit „Eurofisc“
Dank der neuen Software können die Steuerbehörden der EU-Mitglieder jetzt schnell reagieren, wenn ein Verdacht auf grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrug besteht. Dabei hilft ihnen das europäische Expertennetzwerk für Betrugsbekämpfung „Eurofisc“. Dessen Experten nutzen bei ihrer Suche nach Betrügern die Daten aus Strafregistern, von Europol und von der EU-Betrugsbekämpfungsbehörde OLAF. Jetzt werden die Kriminellen länderübergreifend verfolgt.
Um zukünftig den Umsatzsteuermißbrauch ganz zu verhindern und die wachsenden grenzüberschreitenden Handelsströme in der EU zu bewältigen, hält EU-Kommissar Pierre Moscovici eine „tiefergreifende und umfassendere Reform“ des EU-Mehrwertsteuersystems für notwendig. Ziel der EU-Kommission ist „ein modernes und betrugssicheres Mehrwertsteuersystem“.
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Quellen: PM EU-Kommission, dts, RND