Die Europäische Kommission will verstärkt gegen organisierte Kriminalität vorgehen. Das dürfte wohl auch die Gruppe der russischen und weißrussischen Oligarchen betreffen, die mit dem Krieg in der Ukraine in Zusammenhang gebracht werden.
„Die EU-Kommission wird in Kürze einen Vorschlag zur Modernisierung des bestehenden EU-Rechtsrahmens für die Konfiszierung und Wiedererlangung von Vermögenswerten vorlegen, um die Befugnisse der nationalen Behörden zum Aufspüren, Einfrieren, Einziehen und Verwalten von Erträgen aus Straftaten zu stärken“, sagte der zuständige Vizepräsident der EU-Kommission, Margaritis Schinas, der Welt am Sonntag. Der aktuelle Gesetzesrahmen sei nach seinen Worten nicht wirksam genug, um der organisierten Kriminalität die hohen Profite, die sie erzielen, zu entziehen, sagte der konservative Politiker aus Griechenland weiter.
139 Milliarden schmuziges Geld
„Die Einnahmen aus Straftaten betragen in der Europäischen Union mindestens 139 Milliarden Euro, wovon nur ein Prozent eingezogen werden“, erklärte Schinas. „Die neuen Vorschriften werden den Umfang der erfassten Straftaten erweitern, wirksamere Regeln einführen, damit auch ohne eine vorherige Verurteilung Gelder eingezogen werden können, und sicherstellen, dass die eingezogenen Gelder wirksam verwaltet werden“, so der EU-Kommissionsvizechef gegenüber der Zeitung. Außerdem sollen die bereits in allen 30 Mitgliedstaaten existierenden „Vermögensabschöpfungsstellen“ mehr Befugnisse erhalten, um „illegale Vermögenswerte aufzuspüren und zu identifizieren“.
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Zudem sollen die Möglichkeiten der „Vermögensabschöpfungsstellen“ beim Aufspüren krimineller Vermögen, mit anderen europäischen Agenturen und Einrichtungen, aber auch mit Drittstaaten und internationalen Organisationen, zusammenzuarbeiten, verbessert werden.
Weil die organisierte Kriminalität grenzüberschreitend agiere, sei es besonders wichtig, die Möglichkeiten der grenzüberschreitenden Vermögensabschöpfung zu verbessern. Die neuen Gesetzespläne der EU-Kommission sollen auch helfen, Sanktionen gegen Oligarchen und Putin-nahe Politiker durchzusetzen.
Einfrieren bei unklarer Herkunft
Schinas: „Ein sehr konkretes Beispiel dafür, wie wichtig das Einfrieren und die Beschlagnahmung ist, sehen wir im Zusammenhang mit den EU-Sanktionen gegen Russen und Belarussen, die zum Krieg gegen die Ukraine beigetragen haben.“ Obwohl es sich dabei nicht um strafrechtliche Sanktionen an sich handele, „stützen sich die EU-Sanktionen und insbesondere gezielte Finanzsanktionen wie die im Zusammenhang mit dem Krieg, auch auf das Einfrieren von Vermögenswerten, bei denen die Identifizierung und Rückverfolgung von Vermögenswerten entscheidend ist“. Schinas bezeichnete die organisierte Kriminalität als „eine der größten Bedrohungen für die Sicherheit der Europäischen Union“.
EU spürt kriminelle Gewinne auf
Es gehöre darum zu den Prioritäten seiner Behörde, alles dafür zu tun, „dass sich Verbrechen nicht lohnt“. Die EU-Kommission hatte darum bereits vor einem Jahr eine „EU-Strategie zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität 2021-2025“ vorgelegt. Es existieren bereits seit Jahren gemeinsame Vorschriften, wie sich kriminelle Gewinne aufspüren und einziehen lassen. „Dennoch leiten die meisten Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten nicht systematisch Finanzermittlungen für alle Straftaten mit hohen Einkünften ein
Mehr Schaden als Nutzen
Selbst wenn Ermittlungen erfolgen, wird die Verwaltung der beschlagnahmten Vermögenswerte häufig einer Vielzahl von Behörden überlassen, die nicht über das entsprechende Fachwissen verfügen,“ erklärt der EU-Kommissionsvizechef, der das an einem praktischen Beispiel erläutert. „Wenn Vermögenswerte wie Häuser nicht ordnungsgemäß verwaltet werden, kann es passieren, dass die Mitgliedstaaten sie mit Verlust einfrieren und beschlagnahmen, wobei die Kosten für die Erhaltung der Vermögenswerte höher sind als der Endwert der Immobilie.“
Hintergrund: In Deutschland hat die organisierte Kriminalität laut Bundeskriminalamt im Jahr 2020 einen wirtschaftlichen Schaden von mehr als 800 Millionen Euro verursacht. Die Polizei führte (BKA) insgesamt 594 Ermittlungsverfahren durch. Dabei ging es um erbeutetes Vermögen im Wert von mehr als einer Milliarde Euro.
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Quelle: dts