Wer hätte gedacht, dass Bauholz mal zum Streitgegenstand zwischen Bund und Ländern wird? Eine Sonderkonferenz der Wirtschaftsminister soll jetzt einen gangbaren Weg aus der Rohstoffknappheit finden. Möglichst aber ohne Exportverbote!
Diese würden einen „folgenschweren Bruch mit unserem offenen Welthandelssystem“ bedeuten, sagt der niedersächsische Wirtschaftsminister, Bernd Althusmann (CDU). Auch sein nordrhein-westfälischer Kollege, Andreas Pinkwart (FDP) warnt im Handelsblatt vor derartigen Beschränkungen. Deutschland sei selbst bei fast allen Rohstoffen und vielen Vorprodukten wie Halbleitern auf ausländische Lieferungen angewiesen. Eine Exportbeschränkung könnte die Handelspartner veranlassen, ihre Lieferungen an uns ebenfalls zu verringern und „das träfe uns noch härter“.
Rohholz-Exporte stark gestiegen
Der Holzeinschlag in Deutschland hat 2020 alle Rekorde gebrochen. Insgesamt wurden 80,4 Millionen Kubikmeter Holz eingeschlagen, teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) mit. Ursache der Rekordmenge waren Trockenheit und Schädlingsbefall, die allein für die Hälfte der angefallenen Menge verantwortlich waren.
Laut Destatis war der Anteil der Nadelhölzer (Fichten, Kiefern, Tannen) mit 70,2 Millionen Kubikmetern besonders hoch. Das waren vier Fünftel (87,3 Prozent) der Gesamtmenge! Diese Holzarten werden zu einem großen Teil als „Rohholz“ exportiert und hier liegt das Problem.
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Der Export von Rohholz erreichte im vergangenen Jahr Rekordstände. So wurden, nach Angaben von Destatis, rund 12,7 Millionen Kubikmeter Rohholz im Wert von 845 Millionen Euro ausgeführt. Das ist eine Steigerung von 42,6 Prozent gegenüber 2019. Eine der Ursachen ist der weltweite Bauboom während der Corona-Pandemie. Hauptabnehmer war 2020 China.
Die Hälfte der Exportmenge (50,6 Prozent) ging nach Fernost, so die Statistiker. Weitere grosse Abnehmer sind Österreich mit 19,2 Prozent und Belgien mit 9,2 Prozent. Im langfristigen Vergleich hat sich die Menge von ausgeführtem Rohholz seit dem Jahr 2015 mehr als verdreifacht (+238 Prozent). 2015 waren es noch 3,8 Millionen Kubikmeter im Wert von rund 329 Millionen Euro.
Volle Bücher – aber kein Baumaterial
Inzwischen wird durch die hohe Exportmenge in Deutschland das Holz knapp und das hat wirtschaftliche Folgen. So warnt der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), Hans Peter Wollseifer, vor massiven Auswirkungen auf die Wohnwirtschaft. „Bei vielen Betrieben des Bau- und Ausbauhandwerks brennt die Hütte. Viele befinden sich in der geradezu absurden Lage, trotz weiter voller Auftragsbücher Kurzarbeit anmelden oder sogar Beschäftigte entlassen zu müssen“, sagte er der Bildzeitung. In seiner über 40-jährigen Berufstätigkeit habe er eine solche Situation von Lieferengpässen bei so vielen Baumaterialien bei einem zugleich solch massiven und kurzfristigen Preisanstieg noch nicht erlebt.
ZDH warnt vor Stillstand am Bau
„Wenn wir diese Entwicklung nicht in den Griff bekommen, dann bedeutet das Stillstand bei Eigenheimen, Wohnungsbauprogrammen und energetischer Sanierung“, warnt Wollseifer, der „dringenden Handlungsbedarf“ für die Politik sieht, um hier „Abhilfe zu schaffen“. Nach Meinung des ZDH-Präsidenten kommt der öffentlichen Hand eine Vorbildfunktion zu. Diese solle „Handwerksbetriebe keinesfalls mit Vertragssanktionen belegen, wenn sie wegen Materialengpässen in Leistungsverzug geraten.“ Außerdem müsse „die jüngst beschlossene Verlängerung des Einschlagverbots in den dem Bund gehörenden Wäldern unbedingt auf den Prüfstand“.
Wartezeiten bei Möbelherstellern
Neben dem Bau droht auch Möbelproduzenten der Stillstand. Aktuelle Lieferprobleme der deutschen Möbelhersteller könnten sich nach Einschätzung des Verbands der Deutschen Möbelindustrie noch verstärken. „Wenn wieder alle Möbelläden öffnen, dürfte der Druck noch steigen“, sagte Verbandsgeschäftsführer Jan Kurth dem Tagesspiegel. Es gibt bereits längere Lieferzeiten, weil der Holznachschub stockt. „Das können zwei bis drei Wochen sein, in Einzelfällen aber auch längere Zeiträume“, so Kurth. Die Lieferanten hätten ihre Lager geräumt, um die steigende Nachfrage nach dem ersten Lockdown zu befriedigen. „Es gibt keine Puffer mehr, um eine steigende Nachfrage bedienen zu können.“
SPD-Minister für Exportbeschränkung
Mehrere SPD-Wirtschaftsminister fordern auf Grund der aktuellen Lage temporäre EU-Exportbeschränkungen für Holz und andere Rohstoffe, um die heimische Wirtschaft zu schützen. Für Saarlands Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) ist der Bund für die Lösung der Rohstoffknappheit zuständig. Dem Handelsblatt sagte sie: “ Letztlich sei auch ein Exportverbot als Ultima Ratio zu prüfen. Das ersehnte eigene Zuhause sollte nicht durch mangelndes Holz verzögert oder verhindert werden.“ Auch Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) kann sich zeitweise Exportbeschränkungen vorstellen.
BMWi gegen Exportbeschränkung
Aber das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) warnt: „Exportbeschränkungen sind in aller Regel nicht das geeignete Mittel, um Knappheiten zu beheben“, teilte das Ministerium auf eine Pressenachfrage mit. Die höheren Preise etwa bei Schnittholz könnten aber für einzelne Unternehmen eine große Herausforderung darstellen. „Insbesondere Zimmereibetriebe und Holzbauunternehmen bekommen Preissteigerungen schnell zu spüren. Hier geht es vor allem um kleine und mittlere Unternehmen, weshalb das BMWi die Lage besonders beobachtet.“ Das Thema soll am Mittwoch (12.5.) bei einer Sonder-Wirtschaftsministerkonferenz beraten werden.
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dts-Material