Ein pfiffiger Münchener „rollerte“ mit seinem Fahrrad durch eine Fußgängerzone. Dabei wurde er von einer Polizistin beobachtet, die ihn anhielt und ein Ordnungsgeld verhängte. Der uneinsichtige Radler klagte und wurde vom Amtsgericht München zu einer Geldbuße von 15 Euro verurteilt.
Der 49-jährige Mann benutze sein Fahrrad wie einen Roller. Er stand mit dem rechten Fuß auf der linken Pedale und stieß sich mit dem anderen Fuß ab. Dabei lenkte er das Fahrrad mit einer Hand.
Vor Gericht bestritt der „Fahrrad-Rollerfahrer“ schneller als Fußgänger unterwegs gewesen zu sein. Nach seiner Meinung dürfe er in der Fußgängerzone das Fahrrad als Roller nutzen. Diese Auffassung leitete er daraus ab, dass alle Verfahren gegen ihn, was sein „Rollern“ anging, bisher eingestellt wurden.
In ihrer Zeugenaussage berichtet die Polizeibeamtin, dass der Mann, entgegen seiner Aussage, schneller als Schrittgeschwindigkeit unterwegs gewesen sei. In der Fußgängerzone hätten sich zu diesem Zeitpunkt nur wenige Passanten aufgehalten. Sie habe den Betroffenen über 15 bis 20 Meter beobachten können, wie er einige Fußgänger überholt habe. Diese Fußgänger wären im normalen Tempo unterwegs gewesen und es habe sich dabei nicht um schlendernde Touristen gehandelt.
Aus der Entscheidung des Gerichts
„Das Gericht schließt sich den Angaben der polizeilichen Zeugin an. Diese sagte ruhig und gelassen aus und ließ sich auch durch die Befragung seitens des Betroffenen nicht von ihrer sachlichen Linie abbringen. Damit steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Betroffene schneller als Schrittgeschwindigkeit fuhr. Der Betroffene überholte innerhalb einer relativ kurzen Strecke von 15 bis 20 Meter mehrere Fußgänger, die normalen Schrittes unterwegs waren. Darüber hinaus legt die Art der Fortbewegung nahe, dass der Betroffene schneller als ein Fußgänger unterwegs sein wollte.
Entgegen der Auffassung des Betroffenen hat dieser auch ein Fahrrad geführt. Auch das sogenannte „Fahrradrollern“, also das Stehen auf dem Fahrrad und Erzeugen der Fahrgeschwindigkeit durch Abstoßen der Füße ohne die Nutzung beider Pedale zum Treten, stellt ein Führen eines Fahrrads dar. Das Führen eines Fahrzeugs setzt voraus, dass das Fahrzeug unter bestimmungsgemäßer Anwendung seiner Antriebskräfte unter eigener Allein- oder Mitverantwortung in Bewegung gesetzt und das Fahrzeug unter Handhabung seiner technischen Vorrichtungen während der Fahrbewegung durch den öffentlichen Verkehrsraum ganz oder wenigstens zum Teil gelenkt wird (…). Es bedarf keiner weiteren Erörterung, dass es sich um ein Fahrrad, somit ein Fahrzeug gehandelt hat. Zum Führen ist erforderlich, dass jemand das Fahrzeug in Bewegung setzt oder es unter Handhabung seiner technischen Vorrichtungen während der Fahrbewegung lenkt (…). Führer eines Fahrzeugs – hier eines Fahrrads – ist auch, wer nur einzelne dieser Tätigkeiten vornimmt, jedenfalls solange es sich dabei um solche handelt, ohne die eine zielgerichtete Fortbewegung des Fahrzeugs im Verkehr unmöglich wäre (…). Der Betroffene führte hier das Fahrrad im Rechtssinne, da er auf dem Fahrrad stehend dieses mit einer Hand lenkte, unter Abstoßens mit einem Fuß in Fahrt hielt und mit beiden Füßen, abgesehen vom Abstoßen, vom Boden entfernt war (VGH München, NJW 2015, 1626). (…) Der Betroffene kann sich auch nicht auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum berufen, da bislang gleichgelagerte Sachverhalte eingestellt worden wären. Wie die Feststellungen aus den (beiden Gerichts-)Verfahren (…) ergeben haben, wurden die Verfahren gemäß § 47 OWiG eingestellt, wobei zumindest letzteres ausdrücklich wegen geringer Schuld und nicht aus Rechtsgründen eingestellt wurde. Ein Freispruch aus Rechtsgründen war gerade nicht erfolgt. Somit war dem Betroffenen klar, dass sein Verhalten grundsätzlich einen Ordnungswidrigkeitentatbestand erfüllt.
Für diesen Ordnungswidrigkeitentatbestand sieht der Bußgeldkatalog in Nr. 146 ein Regelbußgeld von 15,- Euro vor. Gründe, die ein Abweichen hiervon rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.“
Az.: 912 OWi 416 Js 133752/19
Das Urteil ist nach Verwerfung der Rechtsbeschwerde am 15.01.2020 rechtskräftig.
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Quelle: PM AG München vom 10.2.2020
2 Kommentare
Endlich Rechtssicherheit!
Dann ist das zügige „Fahrradrollern“ auch auf der Straße bzw. dem Radweg zulässig. Oder?
Irre ich mich, oder gab es da nicht vom OLG bereits vor Jahren ein Urteil, das das Rollern erlaubt ist?
„““Roller seien keine Fahrzeuge im Sinne der StVO und der Betroffene habe sein Fahrrad wie einen Tretroller benutzt. „Das Oberlandesgericht Stuttgart folgte der Anregung und stellte das Bußgeldverfahren ohne weitere Begründung ein“, sagt Huhn (Az.: 4 Ss 482/15).““““
https://www.zeit.de/mobilitaet/2017-03/fussgaengerzone-fahrrad-nutzung-roller-erlaubt
Oder gilt das OLG Urteil von Stuttgart nicht in München?
Ich wäre ihnen für eine Klarstellung dankbar.
mfg
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