Der vorübergehende Verlust eines digitalen Fernsehkabelanschlusses begründet keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nutzungsausfalls. So entschied das Amtsgericht München und wies eine Entschädigungsforderung über 1600 Euro ab.
Der TV-Anbieter hatte sich vertraglich zur Bereitstellung eines TV-Basis HD Kabelanschlusses verpflichtet. Seit dem 13.2.2017 war kein Fernsehempfang für den Kunden mehr möglich. Er nutzte das „OPAL-Netz“ der Telekom, welches von dieser abgeschaltet wurde und nicht weiter betrieben wird.
Der Kläger ist der Auffassung, dass der TV-Anbieter – entsprechend der Rechtsprechung des BGH zum Nutzungsausfall im Falle eines Internetanschlusses – auch im Falle des alleinigen Fernsehanschlusses zur Zahlung von Schadenersatz wegen Nutzungsausfalls verpflichtet ist. Dieser wäre mit 50 Euro pro Tag anzusetzen, damit ergäbe sich bei 32 Tagen ein Schadenersatz von 1600 Euro. Ein anderweitiger Fernsehempfang sei erst ab dem 17.03.2017 möglich gewesen.
Fernsehanschluß mit Internetanschluß nicht vergleichbar
Der beklagte TV-Anbieter ist anderer Auffassung. Er sei nicht mehr zur Erbringung der vertraglichen Leistung verpflichtet. Ein Schadensersatzanspruch stehe dem Kläger nicht zu. Der Fernsehanschlusses sei mit einem Internet-Anschluss nicht vergleichbar. Der Kläger habe Fernsehprogramme sowohl terrestrisch als auch über das Internet empfangen können. Die Ersatzpflicht des Schädigers entfalle, wenn dem Geschädigten ein in etwa gleichwertiger Ersatzgegenstand zur Verfügung stehe.
Der zuständige Richter sah in dem vorliegenden Fall keinen Anspruch auf Schadensersatz durch einen Nutzungsausfall und wies die Entschädigungsforderung des TV-Kunden ab.
Aus der Urteilsbegründung:
„Entschädigung für Nutzungsausfall ist (…) lediglich dann zu gewähren, wenn es um den Entzug von Lebensgütern geht, deren ständige Verfügbarkeit für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung von zentraler Bedeutung ist.“
„Anders als der Komplettausfall eines Internetanschlusses wirkt sich der Ausfall eines reinen Fernsehkabelanschlusses als solcher nicht signifikant auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung aus. Es handelt sich beim Fernsehkabelanschluss um ein reines Konsumgut, wohingegen sich das Internet zunehmend als zentrales Kommunikationsmedium darstellt. Der streitgegenständliche Fortfall des Fernsehempfangs während der Dauer von 32 Tagen stellt sich unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung nicht als wirtschaftlicher Schaden dar, sondern als reine Genussschmälerung und damit als nicht vermögensrechtlicher Schaden. Hinzutritt, dass der Fernsehempfang auch unter Berücksichtigung des Informationsinteresses immer mehr an Bedeutung verliert im Hinblick auf die im Internet bereitgehaltenen Informationsquellen. (…) Zwar war ein Fernsehempfang via Satellit nicht möglich. Nicht dargetan ist aber, dass kein terrestrischer Empfang möglich gewesen wäre. Selbst wenn man dies unterstellt, stand dem Kläger (…) Internetzugang zur Verfügung. Es ist gerichtsbekannt, dass über das Internet Informationsbedürfnisse hinreichend gestillt werden können, insbesondere ermöglicht das Internet beispielsweise auch über Livestreams den Konsum einer Vielzahl von Programmen.“
Quelle: PM AG München vom 2.3.2018
Aktenzeichen 283 C 12006/17
Das Urteil ist aufgrund der Berufung nicht rechtskräftig.