Den Einstiegsvortrag beim diesjährigen 17. Finanzgerichtstag in Köln hielt am Montag ein echter Star unter den deutschen Steuerjuristen, die Würzburger Professorin Dr. Johanna Hey. Ihre Themen waren „Deutsche Interessen im Steuerwettbewerb“ und „EU-Harmonisierung oder nationale Gesetzgebung“.
Beim Thema Steuerwettbewerb hatte sich die renommierte Professorin schon Anfang letzten Jahres beim Dialog mit dem Steuer- und Finanzausschuss der IHK Köln klar positioniert. Nach Heys Meinung muß Deutschland seine Rolle im internationalen Wettbewerb überdenken. Einer der Gründe sei die US-Steuerreform, die für Hey eine Zäsur der internationalen Steuerpolitik darstellte. Bei dieser Reform wurde die US-Körperschaftssteuer von 35 auf 21 Prozent stark abgesenkt. Ergänzend machen Vergünstigungen und Sanktionen den Standort USA für Investoren attraktiver.
Deutschland in der Steuer-Sackgasse
Waren die Amerikaner bis zu diesem Zeitpunkt, genau wie Deutschland, ein Hochsteuerland, so hatte sich das mit der US-Steuerreform schlagartig geändert. Hey zieht daraus den Schluss, das auch „große Wirtschaftsstandorte“ sich dem Kampf um Investoren stellen müssen. Sie sagte während des IHK-Dialogs in Köln: „Ein immer stärkeres Anziehen der Abwehrmaßnahmen, wie es Deutschland in der Vergangenheit praktiziert hat, führt in die Sackgasse“. Nach ihrer Meinung muss Deutschland sich die Frage stellen, ob es weiter Sinn macht, die Weltpolizei für globale Mindeststandards im Steuerwettbewerb zu spielen.
Steuerwettbewerb wird härter
Nach Meinung von Hey hat sich der internationale Steuerwettbewerb verschärft. Die Europäer müssten zur Kenntnis nehmen, dass Amerika auch steuerlich dem „America-first-Prinzip“ folgt. Die Bekämpfung „aggressiver Steuergestaltung“ und die „Eindämmung des Steuerwettbewerbs“ stehen dabei nicht ganz oben auf ihrer Agenda.
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NRW-Justizminister betont Lenkungswirkung
In seinem Grußwort zum diesjährigen Finanzgerichtstag wies der nordrhein-westfälische Justizminister Peter Biesenbach auf Lenkungswirkung von Steuern hin. Dazu sagte der CDU-Politiker: „Die Entwicklung im Bereich der indirekten Steuern ist heutzutage ein wichtiges ordnungspolitisches und mehr noch ökologisches Lenkungsinstrument.“ Als Beispiele führte er die Energiepolitik im Bereich fossiler Brennstoffe und die Förderung der e-Mobilität an.
Handlungsbedarf sieht Biesenbach im Bereich der Unternehmensbesteuerung. Dazu sagte er: „Gerade im Bereich der Entwicklung der Unternehmenssteuern sieht sich Deutschland derzeit einem wachsenden wirtschaftlichen, vor allem internationalen, Reformdruck ausgesetzt. Die nationalen Unternehmenssteuersysteme machen heute einen Großteil der Standortattraktivität eines Landes aus.“
Bessere steuerliche Rahmenbedingungen
Biesenbach weiss aus Erfahrung, daß Unternehmen auf Veränderungen der steuerlichen Rahmenbedinungen bei ihren Investitionsentscheidungen sensibel reagieren. Er sagt dazu: „Vielfach wird die Standortattraktivität mit der Steuerattraktivität gleichgesetzt“. Biesenbach möchte verhindern, daß die Europäer „im Steuerwettbewerb gegeneinander ausgespielt werden“. In diesem Zusammenhang fordert er eine gerechtere Besteuerung von Konzernen wie Google, Apple, Facebook oder Amazon. Deren gesellschaftliche Verantwortung sei ausdrücklich zu betonen, so der NRW-Justizminister.
Steuerzahlerbund fordert Entlastung
In seinem Vortrag zu „Steuerlast, Haushaltsdisziplin und Steuerverschwendung in Deutschland“ stellte Reiner Holznagel, der Vorsitzende des Bundes der Steuerzahler (BdSt), die Sicht der Steuerzahler dar. Dabei weist er darauf hin, daß die Steuereinnahmen innerhalb von sechs Jahren um satte 20 Prozent angestiegen sind. Der Haushaltsüberschuss betrug allein im Jahr 2019 fast 13,5 Milliarden Euro.
Gegenüber den Steuerzahlern zeigte sich der Fiskus wenig spendabel. Eine nennenswerte Entlastung der Steuerzahler kann Holznagel nicht erkennen. Er fordert, angesichts dieser Zahlen, ein sofortiges und vollständiges Ende für den Solidaritätszuschlag und eine Reform der Einkommensteuer.
Steuerkeule für mittlere Einkommen
Ein weiteres Thema, das den BdSt-Vorsitzenden umtreibt ist eine leistungsfeindliche Besteuerung der Bürger. Schon bei mittleren Einkommen, so Holznagel, greift der Spitzensteuersatz. Mußte ein Steuerzahler 1958 noch das 20-fache des durchschnittlichen Einkommens verdienen, um den Spitzensteuersatz zu zahlen, so liegt diese Grenze heute nur noch beim 1,3-fachen! Der BdSt fordert, den Spitzensteuersatz erst ab 90.000 Euro Jahresverdienst zu verlangen.
Auch die Steuerprogression sorgt für Ungerechtigkeit. Der sogenannte „Mittelstandsbauch“ ist, nach Auffassung des Steuerzahlerbundes, eine „Steuerkeule für mittlere Einkommen“. Die so entstehende Mehrbelastung für die Steuerzahler beträgt immerhin 37 Milliarden Euro. Grund dafür ist der besonders steile Anstieg des Steuertarifs im unteren Einkommensbereich.
Streitfrage Arbeitnehmerbesteuerung
Weitere Diskussionsthemen in Köln waren aktuelle Streitfragen bei der Besteuerung von Arbeitnehmern und die verdeckte Gewinnausschüttung in der steuerlichen Praxis. Auch das Thema Grundsteuer wurde noch einmal aufgegriffen. Der Bremer Professor Dr. Jürgen Marx warf einen kritischen Blick auf die „Grundsteuer 2025„ und beleuchtete deren Auswirkungen für die Praxis.
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Quellen: IHKplus, JM NRW, BdSt