Wie ist es um den künstlerischen Wert von Flamenco-Unterricht bestellt? Mit dieser Frage mußte sich das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen auseinandersetzen. Bei dem Rechtsstreit ging es um die Verweigerung einer Mitgliedschaft in der Künstlersozialkasse (KSK).
Geklagt hatte eine selbständige Tanzdozentin, die seit 2017 hautberuflich eine Flamencoschule betreibt. Sie erteilt Unterricht in Form von Workshops, Schul-AGs und tänzerischen Fitnesskursen. Hinzu kommen gelegentliche Soloauftritte. Ihr Antrag auf Aufnahme in die Künstlersozialkasse wurde abgelehnt. Die Begründung: Tanzlehrer seinen nur dann versicherungspflichtig, wenn sie Bühnentanz wie Ballett oder zeitgenössische Tanzstile unterrichten würden. Dagegen sei pädagogischer oder sportlicher Unterricht keine darstellende Kunst. Dafür sprächen auch die Veranstaltungsorte wie Einkaufsmärkte und Gaststätten.
Das sah die Tanzlehrerin völlig anders. Sie argumentierte: Der Flamenco habe einen hohen künstlerischen Anspruch. Es sei ein künstlerischer Ausdruckstanz, bei dem Gefühle in Bewegung umgesetzt würden. Sie selbst habe in einem Flamenco-Duo im Cirque du Soleil getanzt. Außerdem sei Flamenco kein Sport, da er nicht vom Deutschen Tanzsportverband als Tanzart gelistet sei. Während das Sozialgericht in Oldenburg noch zu Gunsten der Flamenco-Lehrerin entschieden hatte, kam das Landessozialgericht bei der Überprüfung dieser Entscheidung zu einem anderen Ergebnis.
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Aus der Entscheidung des Gerichts
Maßgeblich für die Beurteilung sei der wirtschaftliche Schwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin. Dieser bestehe nicht in eigenen künstlerischen Auftritten, sondern in der Lehre. In der konkreten Ausprägung sei das Unterrichtsangebot dem Freizeitsport vergleichbar. Denn bei verschiedenen Kursen stehe das sportliche Fitnesstraining im Vordergrund und die Schul-AGs folgten einer pädagogisch-didaktischen Ausrichtung. Zwar verfolge die Klägerin ein ambitioniertes Konzept, jedoch werde ein ähnlicher Modus auch von anderen Sport- und Freizeitvereinen betrieben. Spezielle Klassen zur professionellen Berufsvorbereitung würde sie nicht anbieten. Dies sei auch nachvollziehbar, da es in Norddeutschland – anders als in Spanien – kaum Berufsmöglichkeiten für Flamencotänzer gebe.
Urteil vom 15. März 2022, Az.: L 16 KR 414/19
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Quelle: LSG Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen