Im Zeitalter der Vollkasko-Mentalität gibt es noch Lücken für die Eigenverantwortung. Das AG Frankfurt hat zwei Rail & Fly-Reisenden jetzt die geforderte Entschädigung verweigert.
Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass Flugreisende keinen Anspruch auf Ersatz von zusätzlichen Flugkosten oder einer Hotelübernachtung haben, wenn sie durch eine Zugverspätung zu spät zum Check- In ihres Fluges kommen.
Im konkreten Fall ging es darum, dass die Kläger von Würzburg im Rahmen eines von ihrem Reiseveranstalter angebotenen kostenlosen Zugtickets (Rail & Fly) mit einem ICE von Würzburg nach Bonn fuhren.
Der gewählte ICE hatte eine Verspätung von 103 Minuten. Aus diesem Grund verpaßten die Urlauber das Einchecken am Flughafen in Köln-Bonn. Ihr Flieger hob ohne sie nach Phuket in Thailand ab. Die Zug-Verspätungsopfer forderten von ihrem Reiseunternehmen die Erstattung der entstandenen Mehrkosten für die Buchung des Ersatzfluges in Höhe von 609,50 Euro pro Person und die Kosten für eine erforderliche Übernachtung in einem Frankfurter Hotel von 84,74 Euro pro Person. Außerdem forderten sie von ihrem Reiseunternehmen Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreude im Umfang von zwei Reisetagen.
Das Amtsgericht Frankfurt wies diese Ansprüche wegen eines Mitverschuldens der Kläger bei der Schadensverursachung komplett ab.
Aus der Urteilsbegründung:
Nach Auffassung des Gerichts hätten die Kläger einen Zug wählen müssen, welcher zumindest nach regulärem Fahrplan 3 Stunden vor Abflug des Fluges den Flughafen erreicht. Hierauf habe sie der Reiseveranstalter in einem Schreiben auch hingewiesen. Er empfiehlt seinen Kunden, bei internationalen Flügen spätestens zwei Stunden vor Abflug einzuchecken. Hinsichtlich der Nutzung des Rail & Fly-Tickets empfiehlt er, wegen möglicher Verspätungen im Zugverkehr eine Zugverbindung zu wählen, die laut Fahrplan mindestens drei Stunden vor Abflug eine Ankunft am Abfertigungsschalter des Abflughafens gewährleistet.
Indem sie diese Empfehlung ignorierten, hätten die Kläger den Schaden mitverursacht.
Im Urteil heißt es: „Einem Reisenden obliegen bei der Durchführung einer Reise grundsätzlich Mitwirkungsobliegenheiten, wie etwa bei Flugreisen die Pflicht, rechtzeitig am Flughafen zur Abfertigung zu erscheinen und bei vereinbarter Bahnanreise die Pflicht, die Zugverbindung so zu planen, dass er rechtzeitig am Flughafen erscheinen kann.“
Zu den rechtlichen Folgen heißt es weiter: „Beachtet der Reisende diese Informationen nicht, läuft er Gefahr, seine Mitwirkungsobliegenheiten zu verletzen und die Durchführung der Reise ernsthaft zu gefährden. Es liegt im Risiko des Reisenden, wenn er solche Hinweise nicht beachtet (vgl. LG Frankfurt am Main, Urteil vom 07.11.2017, Az. 2-24 S 40/17).“
Andererseits haften Reiseveranstalter nach Auffassung des Amtsgerichts grundsätzlich auch im Falle einer Zugverspätung, weil der Service des Rail & Fly gemeinsam mit dem Flug als eine einheitliche Reiseleistung angesehen werden müsse. Daher wäre eine Haftung des Reiseveranstalters grundsätzlich denkbar gewesen, wenn die Kläger einen früheren Zug genommen hätten. Sie hätten mögliche Verspätungen im Bahnverkehr einkalkulieren müssen.
Quelle: PM AG Frankfurt vom 24.05.2018
Az.: 32C1966/17 Die Entscheidung ist rechtskräftig.