Wenn in deutschen Großstädten das Bauen teurer und das Bauland knapp wird, tricksen windige Investoren den Gesetzgeber aus und machen mit staatlicher Förderung Riesen-Gewinne, die sie am Ende nicht einmal versteuern. Auf Kosten der Mieter und der Steuerzahler
Die investigative Recherchekooperation von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR hat es ans Tageslicht gebracht: Steuerflüchtige Investoren kaufen in Berlin und anderen Metropolen im großen Stil alte und preiswerte Mietwohnungen auf und optimieren sie, nur um sie schlichtweg teurer zu machen. Denn nach der aufwendigen Renovierung werden die Wohnungen mit viel Gewinn verkauft oder an neue, zahlungskräftige Mieter mit bis zu 70 Prozent gesteigertem Mietpreis weitervermietet. Die Mietpreisbremse soll da helfen, ist aber aus Sicht von Insidern nicht unbedingt dazu geeignet, den angespannten Wohnungsmarkt zu entlasten.
Profitorientiertes Sanieren statt soziales Bauen
Helfen würde es stattdessen, wenn solche Geschäftsmodelle nicht auch noch durch den Gesetzgeber (unbeabsichtigt) begünstigt würden und Deutschland für trickreiche Investoren aus europäischen Steueroasen zu einem Eldorado geworden wäre. Beispiel Phoenix Spree. Der Vermögensverwalter mit Hauptsitz in St. Helier auf der steuerparadiesischem Kanalinsel Jersey und Anlagesummen im mindestens sechsstelligen Bereich hält ca. 2.700 Wohnungen in Deutschland und kann seinen Anlegern eine Kapitalrendite von derzeit 7 Prozent p. a. bieten.
Warum und wie? Weil Phönix als Immobilieninvestor „nur“ vermögensverwaltend tätig ist (was steuerrechtlich kein Gewerbe ist) und durch sog. Share Deals Grunderwerbsteuer in Millionenhöhe spart. Der Trick dabei: Man gründet einfach eine Firma, in die das Grundstück eingebracht wird, und dann wird der Firmenanteil wieder verkauft, um die Grunderwerbsteuer zu umgehen. Denn nach dem Gesetz ist die Übertragung der Anteile an grundbesitzende Personen- und Kapitalgesellschaften grunderwerbsteuerfrei, wenn innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren weniger als 95 Prozent der Anteile auf einen neuen Gesellschafter übertragen werden.
Goldgräberstimmung infolge fehlgeleiteter Fördermittel
Mit diesen Share Deals umgehen Investoren wie Phönix und Co. auf legalem Wege die Grunderwerbsteuer, die ja als Verkehrssteuer nur den Grundbesitz selbst, nicht aber die Übertragung von Anteilen an Firmen bzw. Gesellschaften besteuert. Hinzu kommt, dass die durch diese Share Deals exorbitanten Gewinne auf den englischen Kanalinseln Jersey und Guernsey noch immer einer nullprozentigen Unternehmensbesteuerung unterliegen. Und wie es weder Brüssel und die EU geschafft haben, der Nullbesteuerung von dort ansässigen Unternehmen einen Riegel vorzuschieben, ist auch die Reform der Grunderwerbsteuer für Share Deals in Deutschland bisher noch nicht zielführend vorangekommen.
Gesetze einem Stresstest unterziehen…
So können internationale Investoren wie Phoenix Spree vorerst weiter unter Ausnutzung von Gesetzeslücken und fehlgeleiteten öffentlichen Geldern Profite machen, die sie am Ende nicht einmal versteuern müssen. Durch ihre Investitionen in den Altbestand treiben sie z. B. in Berlin nicht nur die Mieten in die Höhe, sondern erschweren es zudem Privatkäufern, Wohneigentum zu erwerben: Weil sie die geforderten Preise für eine Immobilie oft nicht mehr bezahlen können, müssen sie weiter Mieter blieben und die höheren Mieten bezahlen! Zusätzlich konterkariert wird die seitens der Gesetzgebung angestrebte Förderung von Immobilienbesitz zwecks Altersvorsorge auch noch durch die in den Bundesländern mehrheitlich angehobene Grunderwerbsteuer, die der Häusle-Bauer ja im Gegensatz zu Phoenix entrichten muss.
…und Fehlinvestitionsabgaben einführen
Um neben der Modernisierung bezahlbaren Wohnraums tatsächlich und nachhaltig auch den Bau neuer bezahlbarer Wohnungen zu forcieren, sollte endlich die Möglichkeit ergriffen werden, die Fördermaßnahmen mit einer „Fehlinvestitionsabgabe“ auszustatten – vergleichbar der Fehlbelegungsabgabe beim Sozialen Wohnungsbau. Dann müssten Investoren à la Phoenix einen gesetzlich festzulegenden Anteil der Investitionssumme in den Bau neuer mietpreisgebundener Wohnungen investieren, andernfalls aber Strafzahlungen in Kauf nehmen.
Bleibt am Ende die Frage: Warum gibt es als Sicherungsmaßnahme gegen die Fehllenkung von Steuergeldern eigentlich keinen Stresstest für Gesetze – vergleichbar dem Stresstest für Banken? So könnte eine vom Staat beauftragte renommierte Anwalts- und Steuerberatungskanzlei jedes neue Gesetz vor der Verabschiedung auf seine Praxistauglichkeit prüfen und einem diesbezüglichen Test unterziehen, bei dem alle Missbrauchsmöglichkeiten juristisch und steuerlich durchgespielt werden.
Das würde dem Steuerzahler zwar Geld kosten; aber das Honorar für den Test wäre verglichen mit den hohen Verlusten an Steuergeldern durch nicht hieb- und stichfest gemachte Gesetze bestens angelegt – auch im Sinne der Steuerzahler und vor allem der Wohnungssuchenden.