Am Donnerstag (26.1) hat Professor Ansgar Staudinger, Präsident der Deutschen Akademie für Verkehrswissenschaft, in Goslar den 61. Deutschen Verkehrsgerichtstag eröffnet. Nach den Pandemiejahren war der Saal in der historischen Kaiserpfalz wieder bis auf den letzten Platz gefüllt.
Die in Goslar versammelten Juristen setzen sich in diversen Arbeitsgruppen mit wichtigen verkehrsrechtlichen Fragen auseinander. Die Themen reichen von datensammelnden Autos, die zukünftig autonom fahren sollen, über neue Grenzen für E-Scooter-Nutzer, bis hin zu einer möglichen Meldepflicht für Ärztinnen und Ärzte bei „fahrungeeigneten Personen“.
Von der Aktualität der Themen zeugt der Streit in der Ampel-Koalition über den richtigen Weg bei der Verkehrspolitik. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) möchte Autobahn- und Bahnstreckenausbau gleich fördern. Damit ist der grüne Koalitionspartner jedoch nicht einverstanden.
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Jan-Niclas Gesenhues, umweltpolitischer Sprecher der Grünen, sagte bei T-Online: „Autobahnneubau gehört nicht ins überragende öffentliche Interesse und setzt falsche Prioritäten. Wir brauchen stattdessen Vorfahrt für die Bahn.“ Für Wissing ist das eine Realitätsverweigerung beim Thema Straßenbau. „Zehnmal so viele Güter würden über die Straße wie über die Schiene transportiert“ argumentiert Wissing bei n-tv (Frühstart).
Immer mehr Schwerverkehr
Der diesjährige Plenarvortrag beim Verkehrsgerichtstag beschäftigte sich auch mit dieser Problematik. Gehalten wurde er von der Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller. Die Logistik würde auf die Straße verlagert, weil die Schiene überlastet sei, erläuterte Müller die Hintergründe für die zunehmende Verlagerung des Gütertransports auf die Straße. Eigentlich seien dafür noch schwere LKW’s erforderlich, doch die bestehende Infrastruktur, insbesondere die Brücken, könnte das nicht leisten.
VDA kritisiert Rahmenbedingungen
Die VDA-Präsidentin bemängelte in ihrem Gastvortrag neben der Unsicherheit bei der Energieversorgung auch die zu hohen Energiekosten. die international für Wettbewerbsnachteile sorgen würden. „Die Welt wartet nicht auf uns“, so Müller zu den versammelten Juristen und Politikern.
Für Müller hapert es in Deutschland an den richtigen Standort- und Rahmenbedingungen. Es seien nachhaltige politische Entscheidungen nötig. Eine „Antiindustriepolitik ist eine Antiklimapolitik“, so die VDA-Präsidentin. Auf ihrer Wunschliste stehen neben Förderanreizen, bezahlbare Energie, eine gute Ladeinfrastruktur, optimierte Stromnetze und die Bereitstellung einer europaweiten Wasserstoff-Infrastruktur für den Gütertransport auf der Straße.
Daten für „digitale Erlebnisse“
„Neue digitale Erlebnisse im Auto“ mit kundenbezogenen Anwendungen, stellte Müller für die Zukunft in Aussicht. Dafür erforderlich seien Datenzugang und Datennutzung. Es geht um die Nutzung von „fahrzeuggenerierten Daten“ und das Ganze natürlich nur mit Einwilligung. Dafür müsse ein gesetzlicher Rahmen geschaffen werden, fordert die VDA-Präsidentin.
Fahrzeugdaten im juristischen Fokus
Da ist es passend, dass sich der Arbeitskreis I (AK I) des Verkehrsgerichtstages 2023 genau damit beschäftigt. Die Themen des AK I lauten: Datensammlung durch moderne Kraftfahrzeuge und ihre Verwendung, Daten- und Verbraucherschutz bei Verwertung von Fahrzeugdaten sowie die grenzübergreifende Nutzung von Fahrzeugdaten aus polizeilicher Sicht.
Die in Goslar ausgearbeiteten Empfehlungen der Arbeitskreise finden üblicherweise ein offenes Ohr bei den politisch Verantwortlichen. Ob die VDA-Wünsche bei den Vorschlägen der Verkehrsexperten berücksichtigt werden, bleibt abzuwarten.