Nachdem verfassungs- und datenschutzrechtliche Bedenken die Einführung einer rechtlichen Pflicht zur Teilnahme an einem „Handytracking“ von Corona-Kontaktpersonen verhindert haben, setzt die Politik jetzt auf eine freiwillige Mitwirkung der Bürger. Unterstützt wird sie dabei vom IT-Verband Bitkom.
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) setzt bei einer möglichen Handy-Ortung zur Eindämmung von Corona auf die freiwillige Mitwirkung der Bevölkerung. Im Interview mit dem Deutschlandfunk sagte die Ministerin:“Handy-Tracking geht nur mit Freiwilligkeit.“ Wichtig sei zudem der Datenschutz. Die gewonnenen Daten dürften nur zu diesem Zweck und für einen begrenzten Zeitraum genutzt werden. Die so gewonnenen Daten sollen helfen, die Infektionsketten zu unterbrechen.
Die Kraft des Faktischen
Lambrecht betont in dem Telefon-Interview die „grosse Bereitschaft der Bevölkerung“. Aber bisher unterstützt nur die Hälfte der Bevölkerung ein solches Vorhaben. Die Justizministerin hofft, bei Vorhandensein einer solchen Anwendung würden sich größere Teile der Bevölkerung freiwillig dafür entscheiden. Sie beobachte aufmerksam die Entwicklung einer Tracking-App durch das Robert-Koch-Institut mit anderen Wissenschaftlern.
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Für Bitkom-Chef Achim Berg ist der Schutz von Leben wichtiger als der Schutz seiner Daten. Datenschutzrechtliche Bedenken sind für ihn „unangebracht“. Dem Handelsblatt sagte er: „Ich werde eine Tracking-App nutzen, sobald diese verfügbar ist.“
Infektionsketten unterbrechen
Digitale Technologien könnten „ganz wesentlich“ dazu beitragen, die Corona-Pandemie zu verlangsamen, einzudämmen und zu besiegen, so der Bitkom-Präsident. Über spezielle Apps, die auf Standortdaten zugreifen, können besonders gefährdete Personen identifiziert werden. Damit würden die Infektionsketten unterbrochen. „Technisch ist es möglich, genau zu ermitteln, wer sich wann wo befunden hat und zu welchen Kontakten es dabei gekommen sein kann“, so Berg.
Datenschützer stellt Bedingungen
Auch der Datenschutzbeauftragte des Bundes, Ulrich Kelber, hält eine derartige App prinzipiell für eine gute Idee, stellt aber Bedingungen. Ohne das Einverständnis der Bürger, Transparenz und eine abschließende Löschung der Daten geht es für ihn nicht.
In einem Gespräch mit der Welt warnte der Datenschutzbeauftragte vor überzogenen Erwartungen .Die App könne einen wichtigen Beitrag leisten, allerdings müssten die datenschutzrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sein. Eine fast lückenlose Überwachung wie in China ist für Kelber „undenkbar
Grundrechtsschonende Alternative
Die Grünen befürworten die Einführung einer App zur Aufzeichnung von Kontakten. „Eine solche, rechtskonforme, freiwillige und zielgenaue App kann und muss ein wesentlicher Baustein zur weiteren Eindämmung des Coronavirus werden“, meint Vizefraktionschef Konstantin von Notz. In einem T-Online-Beitrag schreibt er zusammen mit Parteiratsmitglied Malte Spitz: „Eine derartige Anwendung sei eine grundrechtsschonende Alternative, um Bewegungsfreiheit zu erhalten.“
Aus den Daten ergäbe sich ein Bewegungsprofil, das zeige, wer mit wem Kontakt hatte.“ Das würde anonymisierte Hinweise an die andere Nutzer der App ermöglichen, die mit einer positiv getesteten Person Kontakt hatten. Von „herausragender Bedeutung“ ist für die Grünen die Freiwilligkeit und der Ausschluß eines staatlichen Datenzugriffs.
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Quelle: dts-Nachrichtenagentur