Das deutsche Kartellamt kann einen großen Erfolg gegen den amerikanischen Online-Riesen verbuchen. Aufgrund seiner kartellrechtlichen Untersuchungen ändert Amazon jetzt die Geschäftsbedingungen für Online-Händler auf seinem „Marketplace“.
Dazu sagt der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt: „Zur Beendigung unseres Verfahrens wird Amazon seine Geschäftsbedingungen für die auf dem Marketplace tätigen Händler für den deutschen Marktplatz amazon.de, für alle europäischen Marktplätze (amazon.co.uk, amazon.fr, amazon.es, amazon.it) sowie weltweit für alle seine Online-Marktplätze einschließlich der amerikanischen und asiatischen Marktplätze anpassen.“
Zahlreiche Onlinehändler hatten sich beim Bundeskartellamt über die, ihrer Meinung nach, wettbewerbswidrigen Geschäftsbedingungen von Amazon beschwert. Daraufhin hatte das Kartellamt Ende 2018 ein Verfahren gegen das Unternehmen wegen des Verdachts auf missbräuchliche Geschäftsbedingungen und Verhaltensweisen eröffnet.
Marktmacht beim Online-Vertrieb
37 Milllionen Kunden haben 2018 mindestens ein Produkt dort gekauft. Die statistischen Zahlen sind beeindruckend: Über 300 Mio. verschiedene Artikel, ca. 1,3 Mrd. verkaufte Produkte und ein Handelsvolumen (allein in Deutschland) von weit über 20 Mrd. Euro. Das stammt zu 40-45 Prozent von Amazon selbst und zu 55-60 Prozent von den über 300.000 gewerblichen Dritthändlern.
Im Jahr 2018 wurden in Deutschland, nach den Angaben des Bundeskartellamtes, von Amazon mehr als 250.000 Verkäufer-Konten dauerhaft und mehr als 30.000 Verkäufer-Konten vorübergehend gesperrt. Die Gründe waren Betrugsvorwürfe, Produktfälschungen und Verletzung gewerblicher Schutzrechte.
Amazon ändert Geschäftsbedingungen für Händler
Jetzt lenkt der Internetgigant ein und ändert seine umstrittenen Geschäftsbedingungen. Die Änderungen betreffen unter anderem den einseitigen Haftungsausschluss zugunsten von Amazon, die Kündigung und Sperrung der Konten der Händler, den Gerichtsstand bei Streitigkeiten sowie den Umgang mit Produktinformationen.
Zu diesem Erfolg sagt Kartellamtschef Andreas Mundt: „Für die auf den Amazon Marktplätzen tätigen Händler haben wir mit unserem Verfahren weltweit weitreichende Verbesserungen erwirkt.“ Mit den jetzt erfolgten Änderungen werden die „Bedenken“ des Kartellamtes ausgeräumt und das Verfahren gegen Amazon wird eingestellt.
Auch EU-Kommission prüft Geschäftspraktiken
Kaum hat Amazon mögliche Rechtsprobleme mit dem deutschen Wettbewerbsrecht aus dem Weg geräumt, leitet die EU-Kommission eine Untersuchung gegen das US-Unternehmen wegen „möglicher wettbewerbswidriger Verhaltensweisen“ ein. „Die europäischen Verbraucher kaufen zunehmend online ein“, sagt Margarethe Vestager, die EU-Wettbewerbskommissarin. Das habe zu mehr Auswahl und günstigeren Preisen geführt. „Wir müssen sicherstellen, dass große Online-Plattformen diese Vorteile nicht durch wettbewerbswidriges Verhalten aushebeln“, so die streitbare EU-Kommisarin. Deshalb will sie die Geschäftspraktiken des US-Unternehmens und dessen doppelte Funktion als Verkaufsplattform und Einzelhändler unter die Lupe nehmen.
Bei den geplanten Untersuchungen stehen die Standardvereinbarungen zwischen Amazon und Dritthändlern im Mittelpunkt. Es geht darum „ob und wie die Nutzung der Daten, die Amazon als Einzelhändler über die Marktplatzhändler sammelt, den Wettbewerb beeinträchtigt“, sagt Margarethe Vestager. Auch die Rolle von Daten bei der Auswahl der in der „Buy Box“ angezeigten Händler kommt auf den europäischen Wettbewerbs-Prüfstand. Man werde die anstehende Untersuchung „vorrangig“ behandeln, teilte die Brüsseler Behörde am Mittwoch (17.7.) mit.
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Quelle: dts, PM Bundeskartellamt 17.7.19