Wer beim Schwarzfahren erwischt wird und die fällige Geldstrafe nicht bezahlen kann, der muß mit Gefängnis rechnen. In diesem Fall kommt der Steuerzahler für die Kosten der Haft auf. Und das „Hotel“ mit den schwedischen Gardinen zählt kostenmäßig zur gehobenen Preisklasse.
Etwa 50 000 Menschen sitzen jedes Jahr im Gefängnis, weil sie eine Geldstrafe nicht bezahlen konnten. Das ergab eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Deutschen Bundestag. In der Antwort der Bundesregierung heißt es, dass in ärmeren Ländern wie Brandenburg regelmäßig zehn Prozent aller Gefängniszellen mit Menschen belegt sind, die eigentlich nur zu einer Geldstrafe verurteilt wurden. Im reicheren Hamburg sind es lediglich drei bis vier Prozent.
162 Millionen Euro Haftkosten/Jahr
Die Kosten für die Inhaftierung von Zahlungsunfähigen sind hoch. Jeder dieser Gefangenen kostet den Steuerzahler cirka 157,72 Euro pro Tag. Das sind für ganz Deutschland täglich 450.000 Euro an Inhaftierungskosten. Das addiert sich im Jahr auf 162 Millionen Euro. Geld das nach Meinung der Linksfraktion besser in sozialen Projekten investiert würde. Dazu sagte Clara Bünger (Die Linke) der Süddeutschen Zeitung: „Diese Summen könnten weitaus sinnvoller eingesetzt werden, zum Beispiel zur Bereitstellung von kostenlosen Sozialtickets an Bedürftige und mittelfristig für den Ausbau eines kostenlosen öffentlichen Nahverkehrs.“
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Unter den Bundesländern fallen vor allem die ostdeutschen Länder mit relativ hohen Quoten von Geldstrafen-Schuldnern in Gefängnissen auf. Aber auch Bayern zeigt laut den Angaben der Bundesregierung eine Besonderheit: Zum Stichtag 30. Juni 2021 saßen dort 7,7 Prozent aller Strafgefangenen nur wegen einer Geldstrafe ein, berichtet die Süddeutsche.
Studie zeigt soziales Problem
Die Bundesregierung verweist auf eine Studie des Kriminologischen Dienstes in NRW. Danach geht es in fast jedem vierten Fall um Schwarzfahren. Zwar haben alle Verurteilten grundsätzlich die Möglichkeit, ihre Geldstrafe abzuarbeiten, wenn sie sie nicht bezahlen können, aber besonders die Menschen, die wiederholt wegen „Erschleichens von Leistungen“ vor Gericht kämen, seien oft zu krank dafür.
Der Kriminologische Dienst kommt in seiner Studie zu der Erkenntnis: „Diese Inhaftierten sind“ – auch im Vergleich zu anderen Zahlungsunfähigen – „gemäß Aktenlage zu noch etwas größeren Anteilen bei Strafantritt verarmt, krank, sozial ausgeschlossen und im strafrechtlichen Sinn nicht gefährlich“.
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Quelle: dts, rb