Die innerdeutschen Reisebeschränkungen und Beherbergungsverbote für Reisende aus sogenannten „Corona-Risikogebieten“ verstoßen, nach Ansicht von Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP), gegen das Verfassungsgebot der Verhältnismäßigkeit der Mittel.
“Ich halte diese Maßnahme für rechtswidrig, weil sie weder verhältnismäßig noch geeignet ist“, sagte der erfahrene Jurist der Bildzeitung und weiter: “Bislang war nie die Rede davon, dass innerdeutsche Reisen für den Anstieg der Infektionszahlen verantwortlich sind. Ich bin mir sicher, diese Grundrechtseinschränkung wird nicht lange aufrechterhalten werden“.
DEHOGA: Bitterer Zeitpunkt
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) erwartet noch in dieser Woche Klagen gegen das umstrittene Beherbergungsverbot. Die Hauptgeschäftsführerin, Ingrid Hartges, sagte der Zeitung: „Es ist ganz bitter, dass pünktlich zur Herbstsaison Beschränkungen erlassen wurden. Und insbesondere das Übernachtungsverbot begegnet erheblichen rechtlichen Bedenken.“
Kritik vom Städtetag
Auch der Präsident des Deutschen Städtetages, Burkhard Jung, kritisiert die Regelung gegenüber der Funke-Medienguppe als „nicht durchdacht“. Der Leipziger Oberbürgermeister weist in dem Mediengespräch darauf hin, daß es keine Hinweise darauf gibt, „dass Hotels oder der Verkehr mit Bus und Bahn Hotspots sind“. Für SPD-Politiker gibt es einen ganz klaren Maßstab für alle zu treffenden Maßnahmen. Sie müssen „etwas für den Infektionsschutz bringen“.
Lauterbach: Superspreader bekämpfen
Selbst der engagierte und unbestritten kompetente SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, der nicht für Zurückhaltung bei der Forderung nach optimalen Gegenmaßnahmen gegen COVID-19 bekannt ist, sieht im Behebergungsverbot wenig Sinn. Auf Twitter schreibt er: „Statt Beherbergungsverbot sollte es Verbot von Superspreader-Gelegenheiten geben. Das sind grosse private Feiern und Veranstaltungen.“
Regelung fördert Denunziantentum
Die umstrittene Regelung hat auch einen unschönen Nebeneffekt, sie fördert das Denunziantentum. So berichtet der Tagesspiegel am Sonntag (11.10.) über die anonyme Anzeige eines „Hinweisgebers“.
Eine vierköpfige Familie aus Berlin hatte fürs Wochenende ein Ferienhaus in Neuruppin gemietet. Bei der polizeilichen Kontrolle konnte die Familie keinen negativen Corona-Test vorlegen. Weil die beiden kleinen Kinder aber schliefen, verzichteten die Beamten auf weitere Maßnahmen. Ob der Familie Konsequenzen drohen, wird das zuständige Gesundheitsamt entscheiden.
Verwaltungsgerichte gefordert
Immer häufiger müssen Verwaltungsgerichte die vom Grundgesetz geforderte „Verhältnißsmäßigkeit“ der von Politik und Behörden ergriffenen Maßnahmen gegen die Pandemie überprüfen und immer häufiger kommen sie zu dem Schluß: Das ist nicht rechtmäßig.
Einen lesenswerten Artikel zum Thema „Grenzen des Gesundheitsschutzes“ hat die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) soeben veröffentlicht. Darin setzt sich Autor Lutz Wingert mit der Frage nach der Moral während einer pandemischen Corona-Krise auseinander.
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Quelle: dts, twitter, faz, tagesspiegel