Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) hält die am Dienstag vom Kabinett verabschiedete Änderung des Infektionsschutzgesetzes für verfassungswidrig. Dem Bundeskanzleramt wirft er vor, bei der „Bundesnotbremse“ leichtfertig Verfassungsgrenzen zu überspringen.
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hatte Kubicki am Dienstag (13.4.) auf eine schriftliche Anfrage hin mitgeteilt, dass die Fallzahlen allein kein taugliches Mittel seien, um den Schweregrad der Corona-Pandemie abzubilden. Das zuständige Ressort des Ministeriums schrieb: „Tatsächlich wird der reale Schweregrad der Pandemie durch andere Parameter abgebildet, etwa durch den prozentualen Anteil positiver Testergebnisse unter allen durchgeführten PCR-Tests, die Anzahl an Covid-19-Patientinnen und Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen oder die Zahl der an oder mit Covid-19 Verstorbenen“.
Gesetzentwurf verfassungswidrig
„Mit dieser Antwort erklärt die Bundesregierung ihren eigenen Gesetzentwurf für verfassungswidrig“, sagt Kubicki. In dem Gesetzentwurf würde allein der Inzidenzwert von 100 Neuinfektionen mit dem Coronavirus je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen als Maßstab für Grundrechtseinschränkungen bis hin zu nächtlichen Ausgangssperren genannt, erklärt der stellvertretende FDP-Vorsitzende in dem Gespräch mit der Welt.
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„Wenn der zentrale Referenzpunkt für großflächige Grundrechtseingriffe als nicht tauglich angesehen werden kann, dürfen diese Eingriffe nicht vorgenommen werden“, so Kubicki. Nach seiner Auffassung könnten Union und SPD den Gesetzentwurf zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes im Bundestag nun nicht verabschieden, „wenn ihnen unsere verfassungsmäßige Ordnung noch etwas wert ist“.
Kein Respekt vor Verfassungsgrenzen
Mit dem Kanzleramt, das auf die Bundesnotbremse gedrungen hatte, geht der liberale Spitzenpolitiker hart ins Gericht. „Dieser Vorgang zeigt, mit welcher Nonchalance das Bundeskanzleramt Verfassungsgrenzen überspringt. Eine solche Denkweise kannte ich bisher nur aus autoritären Staaten.“
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dts, rb