In Zeiten von Corona ist alles anders. Auch dieser Beitrag ist anders. Er startet mit dem Fazit, welches ja normalerweise erst am Ende gezogen wird. Doch in diesem Fall ist das „alternativlos“!
Alternativlos sei der jetzt vom Arbeitskreis der Ministerpräsidenten unter dem Vorsitz der Bundeskanzlerin beschlossene „teilweise“ Lockdown im November. Das stimmt, wenn man zu Grunde legt, daß Alternativen erst gar nicht öffentlich diskutiert wurden. Sie wurden nicht diskutiert, weil die eigentlich zuständigen Parlamente mit ihren qualifizierten Fachausschüssen bei dieser schwerwiegenden Entscheidung übergangen wurden. Die Bundeskanzlerin legte ein Beschlußpapier vor, dem die Ministerpräsidenten weitgehend kritiklos gefolgt sind. Demokratie sieht anders aus, auch in Zeiten von Corona. Doch im Einzelnen:
Infektionsschutzgesetz unpräzise
Die Rechtsgrundlage für die Entscheidung der Ministerpräsidentenrunde steht auf wackeligen Füßen. So sagte der renommierte Staatsrechtler Professor Ulrich Battis, der früher an der Berliner Humboldt-Universität lehrte, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Das Infektionsschutzgesetz entspricht nicht vollständig den Anforderungen des Grundgesetzes, es ist nicht präzise und bestimmt genug“. Er fordert eine Nachbesserung. Für Battis ist die Lehre aus der Corona-Pandemie, dass man Beschränkungen ständig im Lichte des Infektionsgeschehens überprüfen müsse, sie müssten verhältnismäßig sein.
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Kubicki: Beschlüsse rechtswidrig
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) äußerte sich in der Rheinischen Post zu den von Bund und Ländern am Mittwoch (28.10.) getroffenen Corona-Maßnahmen: „Ich halte die aktuellen Beschlüsse in Teilen für rechtswidrig.
Gerichtsentscheidungen ignoriert
Für den Juristen Kubicki steht fest: Wenn die Runde der Regierungschefs Maßnahmen verabredet, die bereits mehrfach von Gerichten aufgehoben wurden, wie das Beherbergungsverbot, dann ignorieren die Beteiligten bewusst die Gewaltenteilung. Er fordert deshalb die Betroffenen auf, juristisch gegen die jetzt beschlossenen Maßnahmen vorzugehen.
Negative Erfahrungen ignoriert
Man sehe in Frankreich, mit einer nahezu kompletten Einschränkung des öffentlichen Verkehrs, oder in Spanien mit Bewegungseinschränkungen keine rückgängigen Fallzahlen: „Das heißt, die Maßnahmen, die momentan auch im Bundeskanzleramt gedacht werden, führen offensichtlich nicht dazu, das Infektionsgeschehen in den Griff zu bekommen.“ Kubicki befürchtet einen Vertrauensverlust in der Bevölkerung. „Wir werden eine Menge Menschen verlieren, die nicht mehr bereit sind, diese Einschränkungen hinzunehmen, deren Sinnhaftigkeit für sie auch nicht nachvollziehbar ist“, so Kubicki im Deutschlandfunk.
Bundestagspräsidenten ignoriert
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) forderte jüngst, dass das Parlament mehr in die Corona-Gesetzgebung eingebunden wird. Es gehe darum „den Eindruck zu vermeiden, Pandemiebekämpfung sei ausschließlich Sache von Exekutive und Judikative“, schrieb Schäuble an die Bundestagsfraktionen.
Verfassungsklage unausweichlich
Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) prophezeit Verfassungsklagen gegen die neuen Lockdown-Regeln, weil das Parlament nicht beteiligt wird. „Wird nicht gehandelt, sind das laufende Verfassungsverstöße“, schreibt Baum in einem Gastbeitrag für die Welt. Das Umgehen der Parlamente sei eine Angriffsfläche für diejenigen, die gegen diese Politik sind.
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Den Grünen und der FDP wirft Baum vor, nicht entschieden genug für eine stärkere Parlamentsbeteiligung in Bund und Ländern zu streiten. „Corona gehört nicht nur in den Bundestag, sondern in die Landtage – wo bleiben die Initiativen derjenigen, die in Berlin opponieren, aber in den Ländern mitregieren“, sagt Baum, für den es völlig unverständlich ist, „dass diese Forderung seit Monaten erhoben wird, aber bisher nichts geschehen ist“.
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Quelle: Material dts-Nachrichtenagentur