In einem am jetzt veröffentlichten Urteil hat das Arbeitsgericht Aachen festgestellt, dass eine gegenüber einem arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmer angeordnete Quarantäne dessen Entgeltfortzahlungsanspruch nicht ausschließt.
Der klagende Arbeitnehmer suchte im Mai 2020 wegen Kopf- und Magenschmerzen einen Arzt auf. Dieser stellte die Arbeitsunfähigkeit fest, führte einen Covid-19-Test durch und meldete dies gegenüber dem zuständigen Gesundheitsamt. Das Gesundheitsamt ordnete wenige Tage später gegenüber dem Kläger Quarantäne an; der Covid-19-Test fiel im Nachgang negativ aus.
Als der Arbeitgeber von der behördlichen Quarantäneanordnung erfuhr, zog er die bereits ausgezahlte Entgeltfortzahlung von der Folgeabrechnung wieder ab und vergütete stattdessen eine Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz. Der Arbeitgeber berief sich dabei darauf, dass bei einem Zusammentreffen von Quarantäne und Erkrankung Ansprüche nach dem Infektionsschutzgesetz Entgeltfortzahlungsansprüche verdrängten.
Nun klagte der Arbeitnehmer beim Arbeitsgericht auf die Zahlung der ihm zustehenden Differenzsumme und das mit Erfolg. Die vorgebrachten Argumente des Arbeitgebers überzeugten das Arbeitsgericht nicht.
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Aus der Entscheidung des Gerichts
Die angeordnete Quarantäne schließt den Entgeltfortzahlungsanspruch des arbeitsunfähig erkrankten Klägers nicht aus. Es sei zwar richtig, dass der Entgeltfortzahlungsanspruch die Arbeitsunfähigkeit als einzige Ursache für den Wegfall des Arbeitsentgeltanspruches voraussetze. Diese Voraussetzung liege hier aber vor, da der Arzt die Arbeitsunfähigkeit aufgrund der Kopf- und Magenschmerzen attestiert habe. Demgegenüber bestehe der Entschädigungsanspruch nach § 56 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz gerade nicht für arbeitsunfähig Kranke, sondern nur für Ausscheider, Ansteckungs- und Krankheitsverdächtige. Nur bei den Genannten, bei denen der Verdienst gerade aufgrund einer infektionsschutzrechtlichen Maßnahme entfalle, müsse auf die subsidiäre Regelung des Infektionsschutzgesetzes zurückgegriffen werden.
Urteil v. 30.3.2021 – Az.: 1 Ca 3196/20
Das Urteil ist rechtskräftig.
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PM ArbG Aachen v. 27.7.2021