Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery kritisiert die jetzt beschlossene bundesweite Maskenpflicht. „Wer eine Maske trägt wähnt sich sicher, er vergisst den allein entscheidenden Mindestabstand“, so der Mediziner. Eine Pflicht für Schals und Tücher sei lächerlich.
Gegenüber der Rheinischen Post (RP) warnte der Ärztepräsident vor einem unsachgemäßen Gebrauch der Schutzmasken. Hier lauerten erhebliche Gefahren. Im Stoff konzentriere sich das Virus und beim Abnehmen der Maske berühre man die Gesichtshaut. Schneller könne man sich kaum infizieren. Eine gesetzliche Maskenpflicht könne es nur für echte Schutzmasken geben – eine Pflicht für Schals oder Tücher sei „lächerlich“.
Politik ignoriert rationale Argumente
Montgomery sagte der Zeitung: „Aber was will man gegen den Überbietungswettbewerb föderaler Landespolitiker mit rationalen Argumenten tun?“
Vor einer solchen Entwicklung hatte im März schon Grünen-Chef Robert Habeck gewarnt, als er sagte: „Wir sollten keinen Überbietungswettbewerb starten nach dem Motto: Ich weiß immer noch eine drastische Maßnahme mehr als du. Das ist Politikern ja leider nicht ganz fremd.“
Tragepflicht für fehlende Masken
Noch am Dienstag (20.4.) verkündete NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU), dass die nordrhein-westfälische Landesregierung dem Beispiel Bayerns nicht folgen wird. Auf eine Maskenpflicht verzichte man auch deshalb, „weil der Handel aktuell nicht sicherstellen kann, dass sich alle Bürgerinnen und Bürger mit genügend Alltags-Masken versorgen können“, so Laumann. Am folgenden Mittwoch (21.4.) verkündete dann NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU), nach dem Koalitionstreffen der GroKo in Berlin, die Einführung einer Maskenpflicht schon für die folgende Woche. Das Versorgungsproblem bei den Schutzmasken bleibt offen.
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Reine Symbolpolitik
Für den Vorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, ist eine Maskenpflicht „reine Symbolpolitik“. Sie vermittele „eine trügerische Sicherheit“, helfe aber „so gut wie gar nicht“. Man könne „auch in die Armbeuge husten, um dem notwendigen Schutz seines Gegenübers und der Höflichkeit Genüge zu tun“, so der Kassenärzte-Chef im Handelsblatt. Neben der Tröpfcheninfektion sei auch die Schmierinfektion über Oberflächen möglich. „Was hilft ist Abstand und Hygiene“, so Gassen.
FFP3-Masken sinnvoll einsetzen
FFP3-Masken können vor Infektionen schützen, sind aber weltweit Mangelware. „Diese Masken brauchen wir unbedingt für Ärztinnen und Ärzte, das Personal in Krankenhäusern und Praxen.“ sagt KBV-Chef Gassen. Diese Feststellung untermauert Frank Bergmann von der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein in der RP mit Zahlen. „In den vergangenen vier Wochen haben wir rund 10.000 Arztpraxen in Nordrhein unter anderem mit 2,2 Millionen Masken und Handschuhen sowie 11.000 Liter Desinfektionsmittel versorgen können.“ Das reiche für die nächsten Tage. „Doch wir brauchen natürlich immer neues Material“, so der Chef der KV-Nordrhein.
Marburger Bund warnt
„Es wäre fatal, wenn nun auch vermehrt Privatpersonen Schutzmasken aufkaufen würden, die für den Gebrauch in Kliniken oder Pflegeeinrichtungen gedacht seien“, sagte die Vorsitzende der Ärztegewerkschaft, Susanne Johna,in der Rheinischen Post. „Es ist nichts dagegen einzuwenden, sich einen einfachen Mund-Nasen-Schutz zu besorgen oder selbst herzustellen.“ Man solle aber nicht der Illusion unterliegen, dass eine einfache, womöglich selbstgemachte Maske ausreichend Schutz vor einer Infektion biete. „Das ist nicht der Fall“, warnte Johna, die ergänzt: „Im Übrigen ist darauf zu achten, dass beispielsweise Baumwollmasken täglich bei mindestens 60 Grad gewaschen werden. Ungewaschen sollten sie nicht getragen werden“.
Mundschutz für Kleinkinder?
Mittlerweile gibt es in allen Bundesländern eine Maskenpflicht für den öffentlichen Bereich und einige Länder haben noch keine konkrete Altersbeschränkung erlassen. Jetzt warnt der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Thomas Fischbach „eine Maskenpflicht ist aus entwicklungspsychologischer Sicht erst vom Grundschulalter an sinnvoll“. Der Funke-Mediengruppe sagt der Mediziner: „Es ist deswegen unklug, sollten einige Bundesländer das Maskentragen in öffentlichen Bereichen sogar für Kleinkinder vorschreiben“. Grundschüler seien meistens schon in der Lage, mit Masken vernünftig umzugehen. Jüngere Kinder würden einen Mund-Nase-Schutz dagegen in den allermeisten Fällen eher als Spielzeug betrachten, daran herumhantieren und damit die Infektionsgefahr eher noch verstärken.
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Quelle: rb, dts