Ein Ehepaar ist mit seiner Klage gegen die Stadt Oer-Erkenschwick am Mittwoch (23.9.) beim Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster gescheitert. Sie wollten verhindern, dass der Muezzin einer örtlichen islamischen Gemeinde freitags mit einem Lautsprecher zum Gebet ruft.
Das sei viel zu laut, argumentierten die Kläger, die in einer Entfernung von knapp 900 Metern zu der Moschee der türkisch Islamischen Gemeinde (Ditib) wohnen. Deshalb klagten sie gegen eine diesbezügliche Genehmigung der Stadt Oer-Erkenschwick. Diese hatte der islamischen Gemeinde eine Ausnahmegenehmigung für den Gebetsruf erteilt. Danach darf der Muezzin den Gebetsruf mit Lautsprecher freitags zwischen 12 und 14 Uhr für maximal 15 Minuten „mit reglementierter Lautstärke“ durchführen.
Die Vorinstanz, das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, hob die erteilte Genehmigung der Stadt auf. Das Verwaltungsgericht begründete seine Entscheidung damit, die Stadt habe „ihr Ermessen unzureichend ausgeübt“. Jetzt war die Berufung der Stadt Oer-Erkenschwick gegen die Entscheidung des Verwaltungsgericht beim OVG in Münster erfolgreich. Der Muezzin kann seine Gemeinde zukünftig wieder mittels Lautsprecher zum Gebet rufen.
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Aus der Entscheidung des Gerichts
Zur Begründung seines Urteils hat der 8. Senat im Wesentlichen ausgeführt: Die Kläger seien durch die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung nicht in eigenen Rechten verletzt. Der Muezzinruf stelle im vorliegenden Einzelfall keine rechtlich erhebliche Belästigung nach dem Landes-Immissionsschutzgesetz dar.
Die für allgemeine und sogar reine Wohngebiete nach der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) maßgeblichen Lärmrichtwerte würden am Wohnhaus der Kläger sicher eingehalten; der Gebetsruf des Muezzins sei bei genehmigungskonformem Betrieb des Lautsprechers an ihrem Haus noch wahrnehmbar.
Dies stelle bei objektiver Würdigung auch nicht deswegen eine unzumutbare Belästigung für die Kläger dar, weil es sich um einen Gesang in arabischer Sprache mit spezieller Melodie und religiösem Inhalt handele. Dieser sei den Klägern bei einer Gesamtwürdigung der Einzelfallumstände unter Berücksichtigung der Nebenbestimmungen des Genehmigungsbescheides – Begrenzung von Lautstärke und Zeitdauer des Lautsprecherbetriebs – zuzumuten.
Die von den Klägern angeführte negative Religionsfreiheit vermittle kein Recht darauf, von anderen Glaubensbekundungen verschont zu bleiben, sondern bewahre den Einzelnen davor, gegen seinen Willen an religiösen Übungen teilnehmen zu müssen. Damit sei das bloße Hören einer religiösen Aussage einmal pro Woche in so geringer Lautstärke wie am Haus der Kläger nicht vergleichbar. Mangels erheblicher Belästigung der Kläger komme es nicht darauf an, ob die Ermessensentscheidung der beklagten Stadt den Anforderungen gerecht geworden sei, die an eine solche Entscheidung zu stellen seien.
Entscheidung vom 23.9.2020, Aktenzeichen: 8 A 1161/18
Eine Revision wurde nicht zugelassen, eine Nichtzulassungsbeschwerde ist aber noch möglich.
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Quelle: PM OLG NRW vom 23.9.2020