Vor über 170 Jahren wurden die Wölfe in Deutschland gezielt ausgerottet. Jetzt werden sie gezielt wieder angesiedelt. Damals haben sich die Jäger einen lästigen Konkurrenten vom Hals geschafft. Was hat sich an der Einstellung der Jägerschaft geändert, daß eine Rückkehr dieses Raubtieres nach Deutschland möglich wurde? Darüber spreche ich mit dem Rechtsanwalt Bernd Kamphuis, der sich nicht nur gut im Jagdrecht auskennt, sondern der auch selbst Jäger ist.
Herr Kamphuis, hat die grüne Politikerin Steffi Lemke Recht, wenn sie im Bundestag sagt, daß es keine real existierende Gefahr im deutschen Wald durch Wölfe gibt?
RA Kamphuis: Die Zukunft wird zeigen, ob Frau Lemke Recht behalten wird. Das Bundesamt für Naturschutz BfN (Natur und Jagd, 92. Jahrgang, Heft 11, Seite 516 f.) stellt fest, dass es die sogenannte „natürliche Scheu“ von Wildtieren nicht gibt. Daraus leitet das BfN für verschiedene Situationen verschiedene Handlungsbedarfe für den Umgang mit dem Wolf ab. Der Wolf ist ein Raubtier. Raubtiere verhalten sich opportunistisch, das heißt, sie suchen die für sie einfachste und leichteste Beute zu machen, weshalb Haustiere (z.B. Hunde, Katze) und Nutztiere (z.B. Schafe) in den Focus der Öffentlichkeit rücken.
R.B.: Die FDP möchte den Wolf als jagdbare Tierart ins Bundesjagdgesetz (BJG) aufnehmen, um die Jägerschaft in die Hege und Pflege des Wolfes einzubinden. Um was geht es bei der angestrebten Gesetzesänderung eigentlich und wie muß ich mir diese Einbindung vorstellen?
RA Kamphuis: Was die FDP genau möchte, hat sich mir noch nicht ganz erschlossen. In den Medien ist nachzulesen, dass der Wolf als jagdbare Tierart in § 2 I BJG aufgenommen werden soll. Dies bedeutet aber nicht automatisch, dass Wölfe zukünftig von Jägern bejagt werden dürfen. Hierzu wäre es notwendig, auch eine Jagdzeit festzulegen. Es gibt Tierarten wie z.B der Luchs, der dem Jagdrecht gemäß § 2 BJG unterliegt, aber keine Jagdzeit hat, dass heißt ganzjährig zu verschonen ist.
Die beabsichtigte Aufnahme des Wolfes in das BJG wird von Teilen der Jägerschaft durchaus kritisch gesehen. Wenn eine Tierart dem BJG unterliegt, ergibt sich daraus auch gemäß § 1 BJG das Recht und die Pflicht für den Jäger zur Hege. Hierunter versteht man zuerst einen angepassten, artenreichen und gesunden Wildbestand und dann die Pflege und Sicherung der Lebensgrundlagen des Wildbestandes. Bislang kommt zum Teil die öffentliche Hand für die vom Wolf verursachten Schäden auf und ist für das Wolfsmanagement verantwortlich.
R.B.: Jäger sorgen, nach eigenem Selbstverständnis, für ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur. Da tut der Wolf auch. Er verspeist die kranken und schwachen Tiere und sorgt damit auch für einen gesunden Wildbestand. Haben die Jäger Angst arbeitslos zu werden?
RA Kamphuis: Nein. Der Wolf kümmert sich ja eher nicht um die Hege des Wildes und die Pflege des Waldes. Da bleibt ja noch etwas Arbeit für uns Jäger.
R.B.: Herr Kamphuis sprechen wir über Geld. Wenn ich mich in die Lage eines Jagdpächters versetze, wäre ich von einem Wolfsrudel in meinem Revier wenig begeistert. Der Wolf ist ein Zechpreller. Er frißt und zahlt nicht. Wer kommt für den von ihm verursachten materiellen Schaden auf. Bei überfahrenem Wild zahlt die Versicherung. Wer zahlt bei einem Wildtier-Wolfsriß?
RA Kamphuis: Niemand. Dies ist Teil der Natur. Auch heute gibt es schon Raubwild (Fuchs, Marder usw.) oder Raubvögel. Dies ist unter den natürlichen Verlusten „abzuhaken“. Hier gab es keine Entschädigung und wird auch zukünftig keine Entschädigung geben. Es mag sein, dass sich ein Wolfsrudel im Jagdrevier negativ auf die zu zahlende Pacht auswirkt. Um dies zu beurteilen, ist es zu früh und es gibt keine mir bekannten Daten hierzu.
Für Nutztiere ist die Entschädigung in den unterschiedlichen Bundesländern unterschiedlich geregelt. Da der Wolf bislang nicht dem BJG unterliegt, brauchen die Jäger nicht für vom Wolf verursachte Schäden (z.B. Herdenrisse) aufkommen.
R.B.: Die Jäger leisten durch Hege und Pflege von Wald und Wild ihren Beitrag zum Naturschutz. Der Wald wird von vielen Erholungssuchenden täglich genutzt. Wenn der SPD-Abgeordnete Carsten Träger sagt: „Öffentliches Geld für öffentliche Leistung“, bezogen auf die Nutztierhalter, fühlen Sie da sich als „Wald- und Wildtier-Betreuer“ nicht zurückgesetzt?
RA Kamphuis: Selbstverständlich gibt es Themen die nerven, z.B. die „ewige“ Diskussion um die Jagdsteuer. Ganz aktuell geht es auch um den Beitrag der Jäger zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest. Aber das Erlebnis in der Natur, im Wald, im Feld mit den Wildtieren entschädigt für vieles.
R.B.: Noch eine persönliche Frage zum Schluß. Herr Kamphuis, wie stehen Sie persönlich zum Wolf?
RA Kamphuis: Das der Wolf zurückgekehrt ist, empfinde ich als positiv. Zeigt es doch, dass es um die Naturlandschaft in Deutschland nicht so schlecht bestellt sein kann, wie einige uns glauben machen wollen. Es gilt nun eine ausgewogene Lösung der verschiedenen Interessen herzustellen.
R.B.: Herr Kamphuis ich danke Ihnen für Ihre interessanten Antworten aus der Sicht eines Juristen, der gleichzeitig auch ein engagierter Jäger ist.
1 Kommentare
Solche Jäger wie Herrn Kamphuis wünsche ich mir in allen Revieren!
Kein Polemiker, sondern jemand der Ahnung von der Materie hat.
Ich schreibe dies als Privatwaldbesitzer.
Comments are closed.