Nach dem Schwarzbuch ist vor dem Schwarzbuch. Der Bund der Steuerzahler (BdSt) hat die Straßenausbaubeiträge als Steuerverschwendung ausgemacht und dringt auf eine Änderung des Kommunalabgabengesetzes (KAG).
Bereits im soeben veröffentlichten Schwarzbuch 2018/19 existiert ein eigenes Kapitel über Steuerverschwendung im öffentlichen Bauwesen. In der nächsten Ausgabe werden die Straßenausbaubeiträge wohl einen Ehrenplatz bekommen. Jetzt soll eine Bürgerinitiative den NRW-Landtag dazu bewegen, sich mit dem Thema „Straßenausbaubeiträge“ zu beschäftigen. Einige Bundesländer wie Baden-Württemberg, Hamburg und Berlin haben den Anwohnerbeitrag bereits abgeschafft. Andere Bundesländer, wie Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern, planen seine Abschaffung. Wie sind sie zu dieser Entscheidung gelangt?
Der Vorsitzende des Steuerzahlerbundes in NRW, Heinz Wirz, weiss es: „Erstens, die fehlende Akzeptanz in der Bevölkerung. Zweitens, die Erhebungskosten sind viel zu hoch im Vergleich zum Ertrag. Der wirtschaftliche Vorteil, der abgegolten werden soll, ist praktisch nicht erkennbar. Letztendlich gefährdet der Straßenausbaubeitrag Existenzen, weil er auf die Leistungsfähigkeit des Schuldners keine Rücksicht nimmt.“
Streitanfällige Abrechnungen
Dass Wirz Recht hat, bestätigen die Fallzahlen des Verwaltungsgerichts in Gelsenkirchen. Seit 2015 haben fast 300 Klagen gegen fehlerhafte Bescheide alleine das Gelsenkirchener Verwaltungsgericht erreicht, viele davon als Eilanträge. Für den Sprecher des Verwaltungsgerichts, Richter Dr. Klaus Weisel, ist das „ein nicht unerheblicher Arbeitsaufwand“.
Der BdSt-Landesvorsitzende kennt auch die Ursache für das hohe Klageaufkommens. Er sagt: „Der Grund liegt in der Komplexität des Verwaltungsverfahrens. Es gibt keine Abrechnung, die zu 100 Prozent richtig ist.“
Bequeme Politiker
Erste Gespräche des Steuerzahlerbundes mit Landtagsabgeordneten in Düsseldorf verliefen wenig erfolgversprechend. Nüchtern stellt Wirz fest: „Was man hat, das hat man“ und der zweite Vorsitzende, Eberhard Kanski, ergänzt: „Weil sie nicht nachrechnen wollen und sich an diese Einnahmen gewöhnt haben.“
Dabei hätten die Abgeordneten allen Grund, einmal nachzurechnen. Die Hamburger haben genau das gemacht und kamen zu einem klaren Ergebnis: Höhe der Erhebungskosten, plus Kosten für juristische Auseinandersetzungen gegen das Aufkommen aus den Anliegerbeiträgen. Als sie das Ergebnis sahen, schafften sie die Straßenausbaubeiträge ab.
BdSt-Experte Kanski rechnet vor: „In NRW geht es um 112 bis 127 Millionen Euro an Einnahmen aus Anwohnerbeiträgen. Der Kommunale Finanzausgleich beträgt in diesem Jahr 12 Milliarden Euro. Nur 1 Prozent davon müßte für Straßenausbaubeiträge aufgewendet werden.“ Für Kanski steht fest, daß im Gegenzug erhebliche Verwaltungskosten eingespart und die Verwaltungsgerichte entlastet würden.
Düsseldorfs „lange Bank“
Die Politik zeigt sich bisher wenig beindruckt. Die zuständige Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung, Ina Scharrenbach (CDU), schiebt das Thema lieber auf die lange Bank. In der RTL-Sendung „Life“ vom 27. Oktober 2018 sagte die Ministerin: „Es wird in dieser Legislaturperiode bis 2022 ein Änderung im Kommunalabgabengesetz geben. Wir prüfen verschiedene Varianten derzeit, welche genau es am Ende sein wird, kann ich aber heute noch nicht sagen.“
Es ist die gleiche Ministerin, die auf der Internetseite ihres Ministeriums verkündet: „Die Kommunen in Nordrhein-Westfalen erhalten im kommenden Jahr die Rekordsumme von rund 12,4 Milliarden Euro vom Land. Damit bekommen die Gemeinden und Gemeindeverbände gegenüber der Prognose (Arbeitskreisrechnung vom 20. Juli) zusätzlich etwa 310 Millionen Euro.“
Weiter heißt es in der Pressemeldung vom 30. Oktober 2018: „Neben der Erhöhung der landesseitigen Zuweisung verzichtet die neue Landesregierung auf den kommunalen Finanzbeitrag zum „Stärkungspakt Stadtfinanzen“: Die Vorgängerregierung hatte vermeintlich reiche Kommunen mit 91 Millionen Euro pro Jahr zur Mitfinanzierung herangezogen. Viele Kommunen mussten, um der damaligen Forderung des Landes nachzukommen, dafür extra Kredite aufnehmen. Auch 2019 will die Landesregierung auf diesen Beitrag verzichten, so dass in den betroffenen Kommunen damit seit dem Regierungsantritt insgesamt rund 182 Millionen Euro mehr verbleiben werden.“