Der Bund der Steuerzahler NRW kann einen Teilerfolg verbuchen. Die schwarz-gelbe Landesregierung will die Straßenausbaubeiträge zukünftig, zumindest teilweise, übernehmen und die betroffenen Anlieger finanziell entlasten.
Fast 470 000 Unterschriften für eine Abschaffung der Straßenausbaubeiträge hat der Steuerzahlerbund NRW zusammengetragen. Das zeigt Wirkung. Zukünftig stellt das Land jährlich 65 Millionen Euro an Zuschüssen für Straßenausbaubeiträge nach dem Kommunalabgabengesetz (KAG) bereit. Die aber gibt es nicht automatisch, sondern die Kommune muss, aus „Achtung vor der kommunalen Selbstverwaltung“, einen Antrag stellen. Beantragt eine Gemeinde diese Fördermittel, muß sie die neue Beitragsstaffelung anwenden.
Was ändert sich?
Die neue Staffelung unterscheidet bei Anlieger- und Haupterschließungsstraßen nicht mehr nach Maßnahmen für den fließenden Verkehr (Straße/Fahrradweg) und den ruhenden Verkehr (Parkstreifen/Gehweg), sondern richtet sich nach den Gesamtkosten. So zahlt der Betroffene zukünftig bei Anliegerstrassen 40% und bei Haupterschließungsstraßen 30%.
Bei Hauptverkehrsstraßen gilt es die alte Unterscheidung nach ruhendem und fließendem Verkehr aber weiter. Hier soll der Anwohner für Fahrbahn und Radwege 10% beitragen, bei Parkstreifen und Gehweg sogar 40%. Für Hauptgeschäftsstraßen sind es bei Fahrbahn und Radwegen 35% und bei Parkstreifen und Gehwegen 40%. Wichtig, eine Kommune kann nur für solche Straßenbaumaßnahmen Förderung beantragen, die nach dem 1.1.2018 begonnen wurden.
Nach Meinung der Landesregierung führt die „drastische Verringerung der bisherigen Höchstsätze“ zu einer erheblichen finanziellen Entlastung. Zusätzlich sollen Ratenzahlung und ein günstiger Zinssatz bei der Finanzierung helfen. Auch Härtefälle werden berücksichtigt.
Steuerzahlerbund nicht zufrieden
Der Steuerzahlerbund begrüßt die Einsicht der NRW-Koalitionäre. „Die Vorschläge, ein Förderprogramm für die Kommunen einzurichten und die Beitragssätze für die Anlieger zu halbieren sowie die Erleichterung für Eigentümer von Eckgrundstücken und Ratenzahlung zu marktüblichen Zinsen anzubieten, bedeuten für die Bürger eine erhebliche Entlastung“, sagt Rik Steinheuer, der Vorsitzende des BdSt NRW. Ganz zufrieden ist Steinheuer aber nicht. Für den Steuerzahlerbund ist das „grundsätzliche Problem“ damit noch nicht gelöst. „Wir erwarten, dass die Landesregierung das Förderprogramm für die Kommunen weiter aufstockt und die Beteiligung der Anlieger vollständig abschafft, sobald sich finanzielle Spielräume ergeben“, so Steinheuer.
SPD für Abschaffung
Die NRW-Sozialdemokraten sind für eine komplette Abschaffung der Straßenausbaubeiträge, die sie für „ungerecht und unsozial“ halten. Auch die Gestaltung der Neuregelung ist nach Meinung der SPD-Fraktion wenig sinnvoll. „Die Idee, die Kommunen selber darüber entscheiden zu lassen, ob Straßenausbaubeiträge erhoben werden oder nicht, führt zu einem Flickenteppich in NRW. Nur reiche Kommunen werden es sich leisten können, auf diese Beiträge zu verzichten. Gelsenkirchen kann dies als Haushaltssicherungskommune eben nicht! Damit trägt man die soziale Ungleichheit in die Kommunen hinein und lässt sie im Stich“, kritisiert die SPD-Landtagsabgeordnete Heike Gebhard.
Grüne für bürgerfreundliche Lösung
Die NRW-Grünen haben in einem „Positionspapier“ Ende 2018 ihre Meinung zu Anschlußbeiträgen festgehalten. Dort heißt es: „Es ist unbestritten, dass die Art der Erhebung der Beiträge in Einzelfällen für Grundstückeigentümer*innen zu unzumutbaren finanziellen Belastungen führen. […] Daher gilt es zu prüfen, welche Möglichkeiten es für eine bürgerfreundliche Neuregelung gibt.“
Die Grünen möchten die kommunalen Haushalte nicht zusätzlich belasten, aber auch unzumutbare finanzielle Belastungen der Eigentümer verhindern. Die Liste ihrer Vorschläge am Ende des Papiers diente der NRW-Regierung anscheinend als Vorlage.
Da heißt es u.a.: — Frühzeitige Beteiligung der Anwohner*innen vor Durchführung einer Maßnahme, — eindeutige Klassifizierung der Straßen: je höher der Gemeinnutzen, desto geringer die Anliegerbeiträge. Ferner dürfen beispielsweise Eckgrundstücke nicht mehrfach belastet werden, — Stundungsregelungen, Ratenzahlungen, Zinsermäßigungen oder Erlass der Beiträge in Härtefällen.
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Kommentar
Fast eine halbe Million Wähler will man nicht einfach so verprellen. Zeigte sich die Landesregierung beim Start der Bürgerbefragung noch wenig gesprächsbereit, so kommt sie jetzt den Betroffenen ein großes Stück entgegen. Aber auch eine Halbierung der Kosten ist für viele Anwohner immer noch ein schwerer Schlag, zumal in Zeiten von rasch und unkalkulierbar steigenden Baukosten. Das letzte Wort dürfte in dieser Sache noch nicht gesprochen sein.
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Quellen: PM CDU-Fraktion NRW, SPD NRW, BdST NRW