Ein Vorschlag der NRW-Landesregierung zum Schutz älterer Menschen während der Corona-Pandemie stößt in Berlin auf taube Ohren. Dabei sollen kranke und betagte Menschen durch den Einsatz von gerichtlicher Videotechnik bei erforderlichen Anhörungen besser vor Ansteckung geschützt werden.
Aus diesem Grund will der nordrhein-westfälische Justizminister Peter Biesenbach (CDU) „bei drohender Gefährdung von Betroffenen“ eine richterliche Anhörung auch per Videoübertragung ermöglichen. Da für ein solches Vorhaben der Bund zuständig ist, hatte das NRW-Justizministerium schon im März einen Brief an das Bundesjustizministerium (BMJV) geschrieben. Doch in Berlin sieht man keinen Handlungsbedarf.
Bundesrat wird aktiv
Jetzt hat der Bundesrat in seiner letzten Sitzung (15.5.) beschlossen, einen Gesetzentwurf zum „Schutz vulnerabler Personen bei richterlichen Anhörungen im Betreuungs- und Unterbringungsverfahren“ in den Bundestag einzubringen. Biesenbach begrüßt diese Entscheidung: „Ich freue mich, dass unsere Initiative eine Unterstützung im Länderkreis gefunden hat. Es bleibt zu hoffen, dass nun auch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz seine bisherige Haltung überdenkt und unser Anliegen schnellstmöglich aufgreift.“
Persönlicher Kontakt bleibt
Gegenüber der Presse sagte Biesenbach: „So wichtig der direkte Eindruck natürlich ist, in Zeiten einer hochansteckenden Pandemie geht hiervon eine immense Gefahr für betagte und kranke Menschen aus. Die Justiz darf diese Leute nicht in Lebensgefahr bringen.“
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Nach Meinung des NRW-Justizministers muss ein Richter die Freiheit haben zuerst eine Anhörung mit Videotechnik durchzuführen. Auf diese Weise soll, auch in Pandemiezeiten, ein „visueller und akustischer Kontakt“ garantiert werden. „Die direkte Anhörung ist dann sofort nach dem Ende der Gefahr von Angesicht zu Angesicht nachzuholen“, versichert Biesenbach.
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Hintergrund
Da bei Anordnung einer rechtlichen Betreuung tief in die Grundrechte der Betroffenen eingegriffen wird, erfordert das Gesetz eine vorherige gerichtliche Anhörung nach strengen Regeln: Der Richter muss dem Betroffenen zuhören und sich in dessen Umgebung einen persönlichen Eindruck verschaffen – und zwar im persönlichen Kontakt, von „Angesicht zu Angesicht“. Bisher sind telefonische oder schriftliche Anhörungen ebesowenig zulässig, wie eine Anhörung per Videotelefonat.
Gerade im Bereich des Betreuungsrechts oder bei der Genehmigung eines Bettgitters sind aber häufiger als sonst betagte Personen betroffen, die mit Vorerkrankungen in Alters- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern versorgt werden.
Nach der Risiko-Bewertung des Robert-Koch-Instituts sind gerade diese Menschen besonders gefährdet, da eine viel höhere Wahrscheinlichkeit besteht, im Ansteckungsfall schwerste Gesundheitsschäden oder gar den Tod davonzutragen.
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Quelle: PM JM NRW