Der Besuch des Münchner Oktoberfestes im Kollegenkreis ist, versicherungstechnisch gesehen, nur unter engen Voraussetzungen eine betriebliche Veranstaltung. Das mußte ein Berliner Monteur erfahren, der sich auf dem Heimweg von der Feier im Brauereizelt schwer verletzte.
Der 1958 geborene Berliner Monteur war bei einer Brauerei in München eingesetzt. Wie jedes Jahr veranstaltete diese Brauerei auch im September 2016 in ihrem Festzelt auf dem Oktoberfest einen Brauereinachmittag. Eingeladen waren sowohl die Mitarbeiter der Brauerei als auch die bei ihr tätigen Beschäftigten anderer Unternehmen. Der Berliner nahm mit weiteren Kollegen seiner Firma an der Veranstaltung teil.
Auf dem Heimweg gegen 22 Uhr prallte er in alkoholisiertem Zustand gegen einen Strommast und brach sich einen Halswirbel. Seinen Antrag auf Anerkennung eines Arbeitsunfalls lehnte die beklagte Berufsgenossenschaft ab.
Teilnahme am Oktoberfest als Beziehungspflege
Daraufhin klagte der Monteur vor dem Sozialgericht Berlin. Er war der Meinung, daß der Besuch des Oktoberfestes in engem Zusammenhang mit seiner betrieblichen Tätigkeit gestanden habe. Der Brauereinachmittag sei ein wichtiges branchenspezifisches Ereignis. Dessen Besuch habe der Beziehungspflege zwischen seiner Firma und der Brauerei als einer der wichtigsten Kundinnen gedient. Die Veranstaltung habe zugleich auch die innerbetriebliche Verbundenheit unter den Kollegen seiner Firma gefördert. Die Teilnahme sei von seinem Arbeitgeber gebilligt worden und teilweise noch während der vergüteten Arbeitszeit erfolgt.
Für das Gericht kein versicherter Arbeitsunfall
Mit Urteil vom 1.10.2018 hat die zuständige Kammer des Sozialgerichts Berlin die Klage abgewiesen und die Auffassung der Berufsgenossenschaft bestätigt.
Aus der Begründung des Gerichts:
Die Anerkennung eines Wegeunfalls als Arbeitsunfall setze voraus, dass sich der Unfall auf dem Weg zu oder von einer versicherten Tätigkeit ereignet habe. Zwar könne auch eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung, etwa ein Betriebsausflug, einer versicherten Tätigkeit zugerechnet werden. Erforderlich hierfür sei aber, dass es der Arbeitgeber sei, der die Veranstaltung durchführe oder durchführen lasse, und dass die Teilnahme aller Angehörigen des Betriebs oder zumindest einer Abteilung erwünscht sei, um so die Zusammengehörigkeit der Beschäftigten untereinander zu fördern. An einem betrieblichen Zusammenhang fehle es indessen, wenn Freizeit, Unterhaltung oder Erholung im Vordergrund stünden.
Hieran gemessen sei der Brauereinachmittag keine betriebliche Veranstaltung gewesen. Die Veranstaltung sei nicht durch die Firma des Klägers, sondern durch die Brauerei, also eine Kundin, durchgeführt worden. Auch die Teilnehmer seien ganz überwiegend keine Angehörigen des Betriebes des Klägers gewesen, was dem Gemeinschaftscharakter einer Betriebsveranstaltung widersprechen würde. Die Anwesenheit des Klägers auf dem Fest sei vom Arbeitgeber zwar gebilligt worden, eine Teilnahme sei ihm jedoch freigestellt gewesen. Ein Vertreter der Unternehmensleitung sei nicht anwesend gewesen, Kosten für Speisen und Getränke seien von der Firma nicht übernommen worden. Dass das Treffen der allgemeinen Bildung eines Netzwerkes und der Kommunikation gedient habe, sei nicht ausreichend, um die betrieblichen Interessen in den Vordergrund zu rücken. Es habe sich eher um ein „Incentive-Event“ bzw. eine Motivationsveranstaltung gehandelt.
Zusammengefasst habe kein innerer Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit des Klägers und seiner Teilnahme an dem Brauereinachmittag bestanden.
.
PM Sozialgericht Berlin vom 5.10.2018
Urteil vom 1.10.2018 Az.: S 115 U 309/17